Angeklagter wird wohl in der geschlossenen Psychiatrie bleiben

Gestern ging der Prozess gegen den „Teufelsaustreiber“ weiter.

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Erkrath/Wuppertal. „Das Leben wird vorwärts gelebt und kann nur rückwärts verstanden werden“ — was der Philosoph Sören Kierkegaard sagte, gilt ebenso bei Gericht. Dort ging es weiter im Prozess gegen den 25-Jährigen, der im vergangenen Sommer seine Mutter lebensgefährlich verletzt hatte. Und diesmal war es der psychiatrische Gutachter, der Licht in das Dunkel einer Gewalttat bringen sollte. Der Täter litt zum Tatzeitpunkt an einer akuten Psychose. Auch der Gutachter bestätigte die Schuldunfähigkeit des jungen Mannes, der seither in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht ist. Und offenbar läuft alles darauf hinaus, dass er dort für unbestimmte Zeit bleiben wird.

Was aber war es, das einen Sohn dazu brachte, seine Mutter von Dämonen befreien zu wollen? Wie lässt sich eine solche Tat verstehen? Üblicherweise gibt es viele Fragen. Und nicht auf alle lässt sich eine Antwort finden. Die sucht auch der junge Mann selbst, der aus der Psychiatrie an seine Mutter schrieb: „Es tut mir so leid, Mama. Ich wollte Dir helfen und den Teufel austreiben. Ich wusste nicht, dass ich krank war — hoffentlich kannst Du mir irgendwann verzeihen.“ In der psychiatrischen Rückschau gelangten nun Details ans Licht, die etwas erklären können.

Nach der Trennung der Eltern hatte der damals 13-jährige Junge augenscheinlich den Halt verloren. Nach einer Zündelei folgten ein Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, die falschen Freunde und irgendwann Drogen. Vom Vater zur Mutter und von dort zurück zum Vater: Es war ein ständiges Hin und Her von Wohnorten und Beziehungen. Abbrüche, Neuanfänge und Entwurzelungen: Ein Leben geriet aus der Spur.

Im Inneren gab es zwar Ziele, die sich in der realen Welt aber nicht realisieren ließen. Zugedröhnt mit Cannabis ließ sich all das offenbar leichter ertragen. Und der Griff zur Droge scheint es auch gewesen zu sein, der eine verletzte Psyche irgendwann aus dem Lot brachte. „Bei völligem Verzicht auf Cannabis und bei konsequenter Medikation sind die Symptome behandelbar“, ließ der psychiatrische Gutachter das Gericht wissen. Wäre hingegen all das nicht gewährleistet, könne die Psychose erneut ausbrechen. Und damit auch das erhebliche Gewaltpotential, das der Gutachter dem Angeklagten bescheinigte.

Nun wird das Gericht entscheiden müssen, wie es für einen jungen Menschen weitergehen kann, der sein Leben noch vor sich hat. Gleichermaßen müssen sein Umfeld und auch die Gesellschaft vor den möglichen Folgen einer erneuten psychotischen Krise geschützt werden. Eine Gratwanderung für jeden Gutachter, der sich im Hinblick auf eine Entlassung zukünftig mit der Beurteilung wird befassen müssen.