Bibelkursus über den Zorn des Paulus

Seit zwei Jahren gibt es monatlich das fromm-freche Forum, das Ludwin Seiwert leitet.

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Erkrath. Der Montagabend ist der ideale Terminplatz für den Hochdahler Bibelkursus in der Heilig Geist Kirche. Zur gleichen Zeit probt nämlich die Capella Nova im benachbarten Gemeinderat. Immer wenn die Sänger besonders kräftig intonieren, dann dringen sanfte Klangwellen zur Untermalung von Pfarrer Ludwin Seiwerts Vortrag durch das Kirchenschiff. Die Stimmung wird so zum Greifen sakral. Seit zwei Jahren gibt es monatlich dieses fromm-freche Forum und wieder waren die Reihen voll besetzt.

Im laufenden Wintersemester stehen Themen rund um das Glaubensbekenntnis auf dem Programm. Am ersten Novembermontag war als Grundfrage „Glauben alle dasselbe?“ ausgegeben worden. Als Text aus der Heiligen Schrift dazu diente die Apostelgeschichte 17, Vers 16 bis 34. Autor dieser Zeilen ist jener Schreiber Lukas, der nach seinem Evangelium über das Leben von Jesus eben noch diese Apostelgeschichte im Jahre 90 verewigt hat. Paulus befindet sich mit seinen Mitstreitern auf Missionsfahrt. Als die Reisegruppe kurzzeitig getrennt wird, schildert Lukas: „Während Paulus in Athen auf sie wartete, wurde sein Geist von heftigen Zorn erfasst, denn er sah die Stadt voll von Götzenbildern.“ Seiwert verglich das damals schon weltanschaulich durchmischte Athen mit heutigen Schmelztiegeln der Weltanschauungen wie New York. Der ohnehin als Heißsporn bekannte Paulus regte sich ob des Stadtbildes wenig überraschend fürchterlich auf, wie Seiwert fand: „Paulus war kein umgänglicher Zeitgenosse. Für ihn war Mission etwas ganz Wichtiges. Er explodierte fast vor Zorn und das ist typisch für Paulus.“

Dann jedoch geschieht Unvorsehbares, denn Paulus zügelt sich plötzlich. Er lässt sich auf die Auseinandersetzung mit Andersgläubigen ein und versucht, diesen seine Vorstellungen nahe zu bringen. Auf dem bedeutendsten Versammlungsort, dem traditionsreichen Areopag, spricht er zu den Einheimischen. Er habe in der Stadt einen Altar für den unbekannten Gott gefunden. Dies sei ein gemeinsam achtbarer Glaubensansatz und er, Paulus, wolle den Menschen mehr von diesem Gott berichten, der selbst für die Auferstehung der Toten sorge. Nur wenige Athener überzeugt diese Schilderung. Doch Paulus belässt es dieses Mal bei einer beherzten Rede und übertreibt es nicht mit seinem Missionseifer. Das sei vorbildhaft, sagte Seiwert. Die Missionsgeschichte sei in Europa von Bonifatius bis zu Karl dem Großen und beim Übergang auf andere Kontinente oft von Gewalt begleitet gewesen und kein Ruhmesblatt des Christentums. Ob denn nun die Gläubigen der verschiedenen Religionen zu ein und demselben Gott beten würden, kam eine Frage aus dem Kurskreis. Seiwert antwortete mit einem deutlichen „Ja!“, jedoch seien die Vorstellungen, die sich die Menschen dabei von Gott machen, durchaus unterschiedlich. Zum letzte Konzil hätte daher die katholische Kirche beschlossen, nichts von dem abzulehnen, was in anderen Religionen als wahr und heilig gelte. Die Wertschätzung fremder Glaubensrichtungen hob Seiwert als bislang vernachlässigte Tugend hervor. Am 4. Dezember wird der Kursus um 20 Uhr fortgesetzt, wieder parallel zur Chorprobe. Thema: „Warum gibt es so viel Böses, wenn Gott wie ein Vater ist?“