Bürgerkraftwerk: Ein Solardach für alle Bürger
Mit Anteilen zu je 100 Euro kann sich jeder an einer Photovoltaikanlage beteiligen, die die Gruppe atomfreies Erkrath bauen will.
Erkrath. Etwas für die Umwelt tun und gleichzeitig Geld sparen: Die Vorteile einer Fotovoltaikanlage klingen reizvoll. Doch nicht jeder hat ein eigenes Hausdach — und nicht jedes Dach ist geeignet. „Es sollte größer als 150 Quadratmeter sein, eine Süd- oder Südwestausrichtung haben und nicht verschattet sein“, beschreibt der Erkrather Peer Weber.
Auch er sucht ein Dach. Allerdings nicht für sich selbst. Weber lebt in einem Passivhaus, das 14 Mal weniger Energie verbraucht, als es die Baunorm vorschreibt — inklusive Solaranlage auf dem Dach. Er sucht für die Erkrather. Sein Ziel ist ein Bürgerkraftwerk, wie es in ähnlicher Form schon eins in Ratingen gibt.
„Vor zwei Jahren, nach Fukushima, saß ich nach einem Kinoabend mit ein paar Bekannten zusammen. Wir waren uns einig: Es muss etwas passieren“, erzählt Weber. So entstand die Initiative atomstromfreies Erkrath. Zum harten Kern gehören heute knapp zehn Personen, „ein kleines, schlagkräftiges Team“, sagt Weber. Immer wieder organisierte die Initiative Mahnwachen in der Stadt, zum Beispiel am Hochdahler Markt — und sie stellte einen Bürgerantrag.
Die Forderungen: Die Stadtwerke sollen auf 100 Prozent Strom aus regenerativen Energien umstellen, es soll ein Arbeitskreis gebildet werden, der die Umsetzung erarbeitet. Ein Teil dieser Forderung ist erfüllt: Anfang des Jahres haben die Stadtwerke auf Ökostrom umgestellt. „Ein vernünftiger Schritt, den wir begrüßen“, sagt dazu Weber. „Aber richtiger Ökostrom ist das noch nicht.“ Er spielt auf das Blockheizkraftwerk der Stadtwerke an, das mit konventionellem Gas statt Biogas betrieben wird.
Die dritte Forderung ist bislang unerfüllt: Beim Bau neuer Anlagen sollen die Bürger beteiligt werden. „Nach der Finanzkrise haben die Menschen ein Interesse, ihr Geld da anzulegen, wo sie es sehen können. Es ist doch eine tolle Sache, seine Kinder an die Hand zu nehmen und ihnen zu sagen: Guck mal, da machen wir unseren Strom“, sagt Weber.
„Hinzu kommt, dass allein die Netzkosten etwa die Hälfte des Strompreises ausmachen. Wir planen riesige Windparks in der Nordsee und verlegen dafür teure Trassen. Das ist doch verrückt.“ Viel effektiver sei es, viele kleine, dezentrale Einheiten zu bilden und den Strom dort zu produzieren, wo er gebraucht wird. Dazu will die Initiative mit der Bergischen Bürgerenergiegenossenschaft kooperieren.
Fehlt nur noch das Dach. Seit Herbst ist die Initiative auf der Suche, hat mit Wohnungsbaugenossenschaften und Kirchen gesprochen. „Alle Dächer, die für so etwas in Frage kommen, sind auf einer Liste des Immobilienmanagements zusammengefasst“, sagt Bürgermeister Arno Werner. „Das sind Dächer von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden, die jeder mieten kann.“
Peer Weber überrascht das: „In einer Ausschussitzung vor zwei Jahren, als es um eine Bürgerbeteiligung ging, hat er davon nichts gesagt. Das wundert mich. Wir werden nachforschen, ob ein geeignetes Dach dabei ist.“