Die Marktschreier sind unzufrieden
Nur wenige Besucher kamen auf den Hochdahler Markt. Die Schausteller überlegen, ob sie wiederkommen.
Erkrath. Die Gilde der Marktschreier kam zum wiederholten Male auf den Hochdahler Markt — und muss ernsthaft überlegen, ob sie noch einmal wiederkommt. Obstverkäufer Ludwig Schneider atmet zunächst angestrengt aus, dann sagt er: „Das ist der ruhigste Platz, den unsere Truppe kennt. Hierher brauchen wir eigentlich nicht mehr zu kommen. Das lohnt sich für uns nicht.“ In der Tat wirken die im Kreis aufgestellten sechs Lastwagen verloren und wenig beachtet. Auch in der Platzmitte, am Grillpavillon und Getränkewagen, sitzen oder stehen sehr wenige Besucher.
Die Gilde der Marktschreier ist ein Zusammenschluss von mehreren Schaustellern, die zehn Monate im Jahr durch Deutschland touren. Die Lastwagen haben geöffnete Seitenwände und die jeweiligen Marktschreier gehen im Inneren auf und ab, rufen sich gegenseitig Sätze über den Platz zu und preisen — zumindest in Hochdahl — einem kaum vorhandenem Publikum ihre Waren an, darunter Obst, Pasta, Süßigkeiten, Käse, geräucherte Aale und Wurstwaren. Gleichzeitig findet weiter oben zwischen den Hochhäusern der reguläre Samstagsnachmittagsbetrieb mit altbekannten Ständen statt.
Ludwig Schneider, der Obstschreier, stammt aus Recklinghausen. Er berichtet: „In Bayern fühle ich mich als Marktschreier am wohlsten. Dort verkaufen wir mit Abstand die meisten Waren. Rund ums Ruhrgebiet haben wir es dagegen sehr schwer.“ Er wirkt merklich geknickt wegen der Standortwahl. Vielleicht beim nächsten Mal in die Innenstadt von Alt-Erkrath wechseln? Den Organisator müsste man darauf aufmerksam machen, sagt der 71-jährige nachdenklich.
Wenige Meter entfernt hat Joachim Pfaff seinen Wagen stehen. Man kennt ihn eher als „Wurst-Achim“, suggeriert ein Aufdruck auf seinem Wagen. „Bekannt aus Funk und Fernsehen“, steht dort geschrieben. Der gelernte Metzger wirkt optimistischer als Obstverkäufer Schneider: „Unsere Waren verkaufen wir mit Humor und Lautstärke.“ Doch augenzwinkernd fügt er hinzu: „Falls denn ein Publikum anwesend ist.“ Dabei genieße man als Marktschreier gewisse Privilegien: Lautstarkes öffentliches Anpreisen auf Märkten sei in Deutschland strengstens verboten, so Wurst-Achim. Und wenn auf Wochenmärkten die Stimme erhoben wird, sei das kein Vergleich zur Marktschreier-Gilde, die sogar auf Mikrofone zurückgreifen. „Es ist eine Genehmigung von der Stadt nötig“, erklärt Wurst-Achim, „die besorgt unser Organisator.“
Rund um die Bierzapfanlage sammelt sich dann doch Leben. Einer der spontanen Besucher ist Thomas Stanislawski aus Hochdahl, der mit seinen drei Begleitern eher zufällig in den Lastwagenkreis der Gilde auf dem Marktplatz stolperte. „Vor Jahren hatte ich einmal einen Bericht im Fernsehen gesehen. Besonders an den da erinnere ich mich“ — Stanislawski deutet auf Wurst-Achim, der hinter seinem winzigen Tresen steht. Eine Begleiterin von Stanislawski beugt sich hinüber und zeigt ihren Einkauf: „Ich habe jedenfalls einen geräucherten Aal gekauft. Ich stamme aus Norddeutschland und kenne die schreienden Aalverkäufer aus Hamburg sehr gut.“