Besonderheit in Erkrath Eine Briefmarke als Wandteppich
Erkrath · Gert Oswald, Mitglied der „Zackigen Neanderthaler“, ist auch ein Textilkünstler.
Peter B. Feuser staunte nicht schlecht, als er den 100-Euro- Schein zum ersten Mal in den Händen hielt. Der Vorsitzende des Vereins „Zackige Neanderthaler 2000“ drehte den Schein hin und her. „Ich dachte erst, es sei ein Ausdruck“, gibt er zu. Doch schnell stellte er fest, dass der Geldschein gewebt war. Hergestellt hatte ihn Gert Oswald, ebenfalls ein Mitglied des Philatelie- und Numismatik-Vereins.
„Er ist etwas kleiner als das Original“, sagt der 81-Jährige. Er hat in der Textilindustrie gearbeitet und war spezialisiert auf die Bandweberei. „Ob Etiketten, Hosenträger oder Eintrittskarten für Veranstaltungen“, zählt er auf. Alles ging durch seine Hände. Leider sei die Bandwebeindustrie bereits vor Jahren ins Ausland verlegt worden. Doch Gert Oswald hatte noch Kontakte, etwa zu einer Firma in Wuppertal, die damals moderne Automaten für die Bandweberei herstellte. In der Zeit, als der Euro eingeführt wurde, gab es bei dieser Firma eine Euro-Schein-Aktion.
„Ich war damals zufällig dabei“, erzählt Gert Oswald. „Ich durfte die Maschine selbst bedienen.“ Damals hieß es, was dabei rauskam, durfte er mitnehmen. So webte er einige 100-Euro-Scheine. „Für mich war es selbstverständlich, dass ich die alle verschenke“, sagt er. Und so kam dieser gewebte Euroschein in die Hände von Peter Feuser. „Er sammelt Münzen und Geldscheine“, sagt Gert Oswald. Deshalb sei dieses gewebte Exemplar bei ihm genau richtig. Gerne denkt Gert Oswald an die Bandweberei zurück. „Zum Jahreswechsel wurden auch Kalender gewebt“, erzählt er. „Ich habe mal einen Kalender als Lesezeichen gewebt.“
Da er 30 Jahre lang im Vorstand einer großen Kölner Karnevalsgesellschaft war, hat er über das Kalendarium das Emblem der Karnevalsgesellschaft gewebt. Das war 1999. „Die Kalender waren total gefragt“, erzählt er. Auch ein Bild der Mondlandung wurde mit eingewebt. Doch die Weberei ist nicht alles, was Gert Oswald an textiler Kunst erschaffen hat. Seine ursprüngliche Heimat ist Sachsen, wo er in der Nähe von Dresden gelebt hat. Damals waren die Oberlausitz und Wuppertal die Hochburgen der Bandweberei. „Nun fand in meiner alten Heimat eine philatelistische Veranstaltung statt.“ Die Eintrittskarte war gewebt und hatte die erste sächsische Briefmarke, den sogenannten Sachsen-Dreier, zum Motiv.
„Ich habe die Karte verwahrt“, erzählt Oswald. Mit einer Lupe habe er Bindepunkt nach Bindepunkt nachgezeichnet. So entstand in 120 Stunden eine Zeichnung, die er auf Patronenpapier erstellt hat. Ziel war es, einen ein mal ein Meter großen Wandteppich mit dem Briefmarkenmotiv zu knüpfen. In Aachen besorgte sich Gert Oswald die passende Knüpfwolle, dann ging es los. „Ich habe allein 330 Stunden für das Knüpfen gebraucht“, berichtet er. Der Wandteppich besteht aus 48 384 Knoten und stieß vielfach auf Beachtung. „Er wurde schon in Dresden, in Bad Lauchstädt, in Berlin-Reinickendorf ausgestellt“, erzählt er. „Und in Erkrath.“ Er hat sogar extra ein Gestell bauen lassen, an dem der Wandteppich aufgehängt werden kann. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagt Gert Oswald. Die „Zackigen Neanderthaler 2000“ sind auf jeden Fall stolz auf ihr webendes und knüpfendes Mitglied.