Erkrath sucht Flüchtlingspaten

Direkter Kontakt fördert Verständnis. NeanderDiakonie kann noch ehrenamtliche Unterstützung gebrauchen.

Foto: Nicole Marschall

Erkrath. 19 Flüchtlingspaten kümmern sich derzeit ehrenamtlich über die NeanderDiakonie um einzelne Asylbewerber oder ganze Flüchtlingsfamilien. Weitere Ehrenamtliche sind aber willkommen. Sie begleiten Asylsuchende bei Behördengängen, helfen bei der Integration in den deutschen Alltag und stehen bei Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Doch nicht nur das: Die ehrenamtlich tätigen Flüchtlingspaten der NeanderDiakonie verbringen mit ihren Schützlingen auch viele Stunden ihrer Freizeit oder lassen sie am eigenen Familienleben teilhaben.

Beate Grass, NeanderDiakonie

„Die Flüchtlinge lernen über ihre Paten unsere Kultur und die deutsche Sprache“, nennt Beate Grass, Regionalleiterin der NeanderDiakonie Erkrath, zentrale Aspekte des Konzepts: „Sie lernen, wie man sich hier verhält und was absolute No-Gos sind.“ Außerdem fördere der direkte Kontakt das gegenseitige Verständnis, sagt sie. Denn der persönliche Kontakt gibt der Masse der Flüchtlinge plötzlich ein Gesicht.

Bei der Zuteilung der Paten achtet Grass auf Ähnlichkeiten: Für Familien mit Kindern beispielsweise sucht sie Paten, die möglichst selbst Kinder im gleichen Alter haben. Bei den Arends und ihrer afghanischen Patenfamilie hätte es kaum besser passen können: Die Töchter Marina und Narges sind beide zwölf, die Söhne Florian und Ahmed 15 Jahre alt. Bis Mitte Januar waren jedoch nur Narges und ihre Mutter in Erkrath. „Vater und Bruder saßen in Österreich fest“, erzählt Melanie Arend, die sich erst durch die Geschichte ihrer Patenfamilie ein konkretes Bild davon machen konnte, was es heißt, auf der Flucht zu sein, die Heimat zu verlassen und von geliebten Menschen getrennt zu sein.

„Meine Tochter und ich hätten gerne von Anfang an mit Narges und ihrer Mutter viel unternommen, aber die beiden waren durch die Trennung von Vater und Bruder so in Trauer, dass dies gar nicht möglich war.“ Die Arends haben gelernt, dass man auch beim Helfen Geduld haben muss. Die Bedürfnisse sind eben auch bei Flüchtlingen und Asylbewerbern unterschiedlich. Beate Grass schätzt die Arbeit der Flüchtlingspaten daher sehr: „Ohne die Ehrenamtler geht es nicht“, sagt sie. Im Rahmen ihrer Teilzeitstelle in der Flüchtlingsberatung würde es ihr „nie und nimmer gelingen, die Menschen in dieser Weise zu betreuen“, sagt sie. Gleichzeitig erinnert sie daran, dass die Asylsuchenden erwachsene Menschen sind, die vor ihrer Flucht ihr eigenes Leben hatten. Als solche sollten sie behandelt werden. Ihnen alle Schritte abzunehmen, hält sie nicht für den richtigen Weg zur Integration.

Für Peter Kemper heißt Integration vor allem, die Menschen in bestehende Gruppen — beispielsweise in Sportvereinen — einzubinden.

Kemper hat mit seiner Familie die Patenschaft für drei junge Jesiden aus dem Irak übernommen und sie zum Volleyballspielen beim TSV Hochdahl angemeldet. Den 20-jährigen Firas haben die Kempers außerdem schon erfolgreich durch sein Asylverfahren begleiten können. Inzwischen ist er beim Jobcenter anerkannt und besucht die Euro-Integrationsschule ESO. Am liebsten möchte er Frisör werden. Über ihre Zukunftspläne sprechen er und seine beiden Landsleute mit ihren deutschen Paten auch schon mal beim Familienfrühstück. Gerti und Peter Kemper kennen die Thematik: Ihr eigener Sohn Martin ist im gleichen Alter und studiert. „Manchmal sieht man sich täglich“, erzählt Gerti Kemper vom Alltag mit Firas, Hevedar (19) und Qusai (23): „Die Jungs rufen an und kommen vorbei, wenn sie Fragen haben.“ Manchmal sitzt man auch einfach nur zusammen und spielt eine Partie Memory.

Manchmal ist die Betreuung eines Flüchtlings auch eine emotionale Achterbahnfahrt. So wie derzeit bei Peter Belitz: Einer seiner beiden afghanischen Schützlinge soll nach Bulgarien abgeschoben werden. „Das hat mich echt geschockt“, sagt er und hofft, dass die Klage gegen diese Abschiebung Erfolg haben wird.