Ex-Minister stellt sich der Diskussion

Franz Josef Jung spannte einen Bogen von der Einheit bis heute. Sein Thema: Deutschlands neue Rolle in der Welt.

Foto: Achim Blazy

Erkrath. Weltpolitik wird zwar nicht in Hochdahl gemacht, doch zumindest wurde nun einmal darüber gesprochen. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Fraktion vor Ort“ hatte die Bundestagsfraktion von CDU/CSU in den Lokschuppen eingeladen. „Veranstaltungen dieser Größenordnung mache ich nur einmal pro Legislaturperiode“, verriet die Gastgeberin und Bundestagsabgeordnete Michaela Noll. Als stellvertretende Bundestagspräsidentin hat Noll gute Beziehungen und konnte den ehemaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung gewinnen, über Deutschlands neue Rolle in der Welt zu referieren. Krise in der Ukraine, Krieg im Nahen Osten, daraus resultierend Flucht und Vertreibung und die vielen Terroranschläge gaben der Veranstaltung den Titel „Zeitenwende“.

„Warum haben wir gerade Herrn Jung eingeladen?“ fragte Michaela Noll zur Begrüßung. „Weil er ein Mann von Format und Klasse ist, der Probleme lösen kann“, so die Einschätzung Nolls. Solche Menschen brauche es jetzt, denn die Situation in der Welt sei so schwierig, wie sie noch nie war. Erkrath habe man ausgewählt, zum einen wegen des Lokschuppens, zum anderen, weil 2009 hier ein 19-jähriger Soldat beerdigt worden sei. „Die Anteilnahme von über 800 jungen Menschen damals mahnt uns, dass wir die Jungen nicht vergessen dürfen“, sagte Noll. Als 2011 der „Arabische Frühling“ begann, habe auch sie auf friedlichere Zeiten gehofft. Doch genau das Gegenteil sei eingetreten. „Wenn einige von ‚Alltagsrisiko‘ sprechen, sage ich dagegen: Ich akzeptiere den Terror nicht“, stellte Noll klar.

Franz Josef Jung, ehemaliger Verteidigungsminister

Franz Josef Jung spannte einen Bogen von der Deutschen Einheit bis heute. Auch damals habe man nach dem Kalten Krieg auf eine friedlichere Zukunft gehofft, doch dann kam der Balkankrieg. „Es gab Massenvergewaltigungen und Massenvertreibungen. Dagegen mussten alle Anstrengungen unternommen werden“, so Jung. „Die Wahrheit ist: Manche Probleme kann man nur militärisch lösen“. Bis heute stelle die Bundeswehr das größte Kontingent im Kosovo. Seit 2001 sei die Bundeswehr zusammen mit Amerikanern und Briten in Afghanistan aktiv. Jung sieht den umstrittenen Einsatz als Erfolg, konnte das Land doch von der Herrschaft der Taliban befreit werden.

Zur aktuellen Lage sagte Jung, man müsse den IS zum einen militärisch bekämpfen, etwa durch Unterstützung der kurdischen Peschmerga, andererseits müsse man die Ursachen bekämpfen und die Finanzquellen der Terroristen austrocknen. Innerhalb der Nato müsse Europa effektiver werden. So gebe es hier 178 verschiedene Waffensysteme, in den USA nur 18. Im Anschluss konnten Fragen gestellt werden. „Wer ist der Feind?“, „Wer liefert die Waffen in Syrien?“ oder „Wie sehen Sie die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen?“ wollten Besucher wissen. Bürgermeister Christoph Schultz fragte: „Wie geht es mit den Beziehungen zu Russland und der Türkei weiter? Ist das ein Thema für den Bundestagswahlkampf?“. Jung antwortete diplomatisch. Der Dialog sei wichtig, gerade auch mit der Zivilgesellschaft. Als Nato-Mitglied habe sich die Türkei immer bewährt und man sollte sie nicht in die Arme Russlands treiben.