Glaube geht durch den Magen

Bei der Gemeindewoche in Unterbach stand das Miteinander im Mittelpunkt.

Unterbach. „Ich weiß, dass ich was verpasst habe“, hat Alexander Roskamp gesagt. Er meinte die Gemeindewoche in Unterbach und brachte damit sein Bedauern zum Ausdruck, dass er aus zeitlichen Gründen erst seit Donnerstag daran teilnehmen konnte.

Unter dem Motto „Abende zum Sattwerden“ stand zum Beispiel am Sonntag vor einer Woche ein Mitbring-Dinner auf dem Programm, das 90 Teilnehmer an der eigens hierfür in der Paul-Gerhardt-Kirche aufgebauten langen Tafel zusammenbrachte. Einzige Bedingung: Jeder sollte etwas zum gemeinsamen Buffet beisteuern. „Im ganzen Kirchenraum Sofas, und es gab eine Diskussion“, sagte dazu Andrea Justus, die im Ehrenamt die Gemeinde unterstützt.

Ein weiterer Höhepunkt war am Donnerstag die „Nacht der Lichter“, ein Taizé-Gottesdienst. „Die Kirche sieht an jedem Abend der Gemeindewoche anders aus, mal ein langer Tisch, mal viele Sofas, heute wird es viele Lichter geben“, sagte Pfarrer Carsten Kern über das Konzept. „Die Gemeindewoche findet bereits zum dritten Mal statt, immer im Abstand von zwei Jahren organisieren wir das hier“, fügte Justus hinzu.

Der Taizé-Gottesdienst geht auf Frère Roger zurück, der in einem kleinen Dorf im Burgund eine Gemeinschaft gründete, die noch heute viele evangelische, katholische und orthodoxe Gläubige anzieht. Es wird hauptsächlich gesungen, aber auch gebetet. Typisch ist, dass die Gebete in vielen verschiedenen Sprachen gesprochen werden. „Zentraler Bestandteil ist aber die Stille, in der sich jeder für sich allein im Gespräch mit Jesus befindet“, sagte Ralf Glas, der die Idee zu diesem sehr stimmungsvollen und ruhigen Glaubensritual aus Taizé mitgebracht hatte.

Wenig später wurde der gesamte Kirchenraum durch etwa 150 kleine Kerzen erleuchtet, von denen jeder Teilnehmer des Gottesdienstes eine in der Hand hielt. Es war eine besondere Stimmung und Ruhe im Raum. Danach blieben noch viele Gemeindeglieder in der Kirche. Bei kleinen Snacks standen sie zusammen und diskutierten.

Vor allem die geplanten Einsparungen und die damit einhergehende Schließung des Gemeindezentrums in Unterfeldhaus sowie der Verkauf der Pfarrhäuser war immer wieder Thema. „Für viele hauptsächlich ältere Menschen geht damit ein Stück Heimat verloren“, sagte Alexander Roskamp, Mitglied des Presbyteriums: „Doch die Entscheidung haben wir uns nicht leichtgemacht, es war ein notwendiger Beschluss.“

An diesem Abend war die Stimmung vorwiegend optimistisch. „Man muss auch versuchen, das Positive daran zu sehen, wir sind in unserer Gemeinde sehr vielfältig. Jeder hat Talente und Fähigkeiten, von denen die Gemeinschaft profitieren kann. Wir möchten und wir müssen zusammenwachsen“, sagte Ralf Glas.

Gundi Lesaar aus Unterfeldhaus besucht regelmäßig den Taizé-Gottesdienst in Unterbach. „Ich habe Bekannte, die mich hierhin mitnehmen und ansonsten gibt es auch eine gute Busverbindung“, sagte sie, aber es gäbe natürlich auch Gemeindeglieder, denen es schwerer falle, den Weg nach Unterbach anzutreten.

Pfarrer Carsten Kern wünschte sich etwas mehr Aufbruchstimmung: „Wir sollten nicht so sehr in Bezirken denken. Wir wünschen uns eine Gemeinde, in der man sich tatsächlich zu Hause fühlen kann. Wenn man etwas zusammen macht, ist vieles möglich“, sagte er. Er möchte die bevorstehenden Ereignisse auch als Chance sehen und nannte den Taizé-Gottesdienst stellvertretend für die Gesamtsituation: „In einer Gemeinde ist so viel möglich, wie die Menschen sich einbringen.“