Integration Gelungene Integration in Erkrath

Erkrath · Im Jahr 2015 floh Raha Tamizi (37) aus dem Iran nach Deutschland. Schritt für Schritt hat sie sich integriert und arbeitet für die Stadt.

Integration in Erkrath geglückt: Raha Tamizi hat noch zwei große Herzenswünsche.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Für Raha Tamizi ist jetzt ihre „Glückszeit“. Im November 2015 kam sie mit ihrem Partner nach der Flucht aus dem Iran in Herford an. „Dort im Camp war es zwar nicht sehr schön mit 500 Menschen aus unterschiedlichen Ländern, getrennt voneinander in verschiedenen Bereichen, aber wir waren endlich in Deutschland und in Sicherheit“, so die 37-jähriger Iranerin.

Noch im Iran hatte sie sich in einen afghanisch-stämmigen Iraner verliebt, mit dem sie in einer Schneiderei arbeitete. Ihre Familien waren gegen die Verbindung. Dies und der Umgang mit einem jungen Mann mit afghanischer Staatsangehörigkeit ließ das damalige Paar die bisherige Heimat verlassen. „Nach sieben Wochen, genau einen Tag vor Heiligabend sind wir dann in Erkrath angekommen und haben im ‚Hotel Tamara‘ eine Unterkunft gefunden, das damals noch eine Flüchtlingsunterkunft war,“ berichtet Raha Tamizi.

Sie hat sich selbst das
Alphabet angeeignet

Bereits bei der Ankunft in Herford habe sie damit begonnen, sich selbst das Alphabet, die Zahlen und dann die ersten Sätze auf Deutsch beizubringen. „Da ich das Abitur im Iran gemacht habe, konnte ich Englisch und hatte lateinischen Buchstaben kennengelernt“, so die ehrgeizige junge Frau, die es mit ihrer Hartnäckigkeit schaffte, direkt im Januar in einen Deutschkurs bei der Volkshochschule Erkrath einzusteigen, der bereits drei Wochen eher begonnen hatte. „Wenn ich mir etwas vornehme, dann bleibe ich dran. Und ich bin Frau Dr. Moldon, der Leiterin, noch immer dankbar, dass sie außer mir auch meinem Partner die Chance gegeben hat, in den A1-Kurs einzusteigen“, so Raha Tamizi.

Nach dem Abitur im Iran hatte Tamizi zwei Semester Mode- und Design studierte. „Dann ist mein Vater verstorben und als ältestes von sechs Geschwistern musste ich abbrechen und arbeiten, um für die Familie zu versorgen.“ Sie habe nicht nur als Schneiderin gearbeitet, sondern in ihrer Heimatstadt Shiraz eine Zeit lang eine Kaffee-Bar betrieben . „Ich bin sehr kommunikativer und mag es sehr, mit Menschen umzugehen,“ sagt sie selbst über sich.

Diese Offenheit ließ sie auch die vielen Angebote von Erkrather Bürgern annehmen, die 2015 den Geflüchteten ehrenamtlich Deutsch beibrachten. „Aus dieser Zeit habe ich immer noch Kontakt zu ‚meiner‘ Ehrenamtlerin“, strahlt Rahe Tamizi. „Ich bin sicher drei Mal pro Woche bei ihr und helfe ihr bei Einkäufen oder anderen Dingen. Ich liebe sie sehr“, bekennt sie mit einem Strahlen. Die Raha Tamizi suchte sich zunächst einen Job als Aushilfe in einem Lebensmittelgeschäft im Bavier-Center. Als sie vor drei Jahren Mutter wurde, durfte sie aufgrund ihrer Risiko-Schwangerschaft nicht mehr arbeiten, machte in der Zeit den Führerschein und verbesserte ihr Deutschkenntnisse.

Auch jetzt höre sie zuhause nur deutschsprachige Sender, wenn sie die Mahlzeiten für sich und ihren Sohn Theodor zubereitet. Als dieser ein Jahr und drei Monate alt war, suchte sie sich eine Tagesmutter, bestand ihren B2-Sprachkurs und bewarb sich um eine Anstellung bei der Stadt Erkrath: „Früh bringe ich Theodor in die Kita, fange dann um 7.45 Uhr meine Putzstelle auf der Feuerwache an der Schimmelbuschstraße an. Mittags arbeite dann als Küchenhilfe in der Ogata der städtischen Gemeinschaftsgrundschule Johannesschule“, beschreibt sie ihren Alltag. Dann hole sie ihren Sohn ab und freue sich, die gemeinsame Zeit mit ihm zu genießen.

Zudem hilft sie anderen Geflüchteten, die nicht so gut Deutsch sprechen und sich mit der deutschen Bürokratie und Lebensweise auskennen wie die Iranerin. „Ich bin zum Glück endlich nicht mehr abhängig von Unterstützung durch das Job-Center. Seit ich die Ganztagsstelle bei der Stadt Erkrath habe, kann meine Miete und die Kosten für Auto, Kleidung und alles, was Theodor und ich brauchen, von meinem Gehalt bezahlen“, berichtet Raha Tamizi. Von ihrem Partner hat sie sich mittlerweile getrennt, pflegt aber nach wie vor die Freundschaft zu ihm. „Ich kann nicht aufgeben, ich muss weiterkämpfen, bis ich erreiche, was ich mir vorgenommen habe.“ Einen großen Kampf führt sie gerade noch: „Mein Sohn ist staatenlos, obwohl er in Deutschland geboren. Er ist das einzige Kind im ganzen Kreis Mettmann, bei dem das so ist.“

Für das Ausländeramt des Kreises sei die Staatsangehörigkeit des Vaters ungeklärt. Zudem sei das Paar nicht miteinander verheiratet. So hat Raha Tamizi, die schon so vieles aus eigener Kraft erreicht hat, noch zwei Wünsche: „Ich hoffe, dass sich ein Weg findet, dass mein Sohn kein Staatenloser mehr ist. Ich möchte irgendwann mit ihm in den Iran fliegen, um meiner Mutter ihren Enkel vorzustellen.“

Und dann würde sie sich gerne mit ihrer eigenen Schneiderei selbstständig machen, irgendwann einmal…