Haans Partnerstadt Bad Lauchstädt baut an der Energie-Zukunft
Haan/Bad Lauchstädt · In Haans Partnerstadt Bad Lauchtstädt entsteht derzeit ein Pilotprojekt: Mit Strom aus Windkraft wird grüner Wasserstoff produziert, unterirdisch gelagert, transportiert und an die Chemieindustrie geliefert. Auch die Stadt selbst wird profitieren.
Die Theaterwelt schaute schon vor mehr als 200 Jahren auf Bad Lauchstädt, genauer auf das Geschehen im vom Dichterfürsten gebauten Goethetheater. Jetzt blickt die Energiewelt auf Haans Partnerstadt in Sachsen-Anhalt. Denn auf deren Stadtgebiet im Saalekreis wird derzeit ein Pilotprojekt entwickelt, bei dem durch Windstrom per Elektrolyse grüner Wasserstoff gewonnen wird. Dieses Gas wird in unterirdischen Kavernen gespeichert - in den ausgebeuteten Salzkammern sind derzeit noch Millionen von Kubikmetern aus der Erdgasreserve gespeichert - und von dort aus dann an Kunden abgegeben.
Kürzlich hat Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann den neu errichteten Windpark mit seinen 50 Windrädern offiziell eingeweiht. Am 15. Oktober steht das Vorhaben im Mittelpunkt eines Energie-Kongresses in Berlin.
Die acht bis zu 250 Meter hohen Windkraftanlagen werden ab 2025 bis zu 50 Megawatt Strom für die Erzeugung von grünem Wasserstoff liefern. Der Energiepark Bad Lauchstädt wird als „Reallabor der Energiewende“ vom Bund gefördert. Hier wollen sieben Projektpartner die Wertschöpfungskette von intelligenter Erzeugung, Speicherung, Transport, Vermarktung und Nutzung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab erproben. Nach Angaben des Konsortiums wird der Energiepark Bad Lauchstädt zur größten deutschen Produktionsanlage für grünen Wasserstoff.
Dafür läuft aktuell unter anderem der Bau eines 30-Megawatt-Elektrolyseurs, der mittels Strom aus dem neuen Windpark fast 27 Millionen Kubikmeter des klimafreundlichen Rohstoffs pro Jahr erzeugen soll. Erster Großkunde wird in der zweiten Jahreshälfte 2025 die Raffinerie von „TotalEnergies“ in Leuna, die mittels grünem Wasserstoff die Dekarbonisierung voranbringen und bis Ende des Jahrzehnts ihren ökologischen Fußabdruck drastisch reduzieren will. Ein eigenes Umspannwerk in der Nähe des Windparks speist den Strom zunächst in das öffentliche Netz ein und unterstützt so die regionale Energieversorgung.
Wenn voraussichtlich ab Mitte 2025 der Elektrolyseur seinen Testbetrieb aufnimmt, fließt der Ökostrom zu 100 Prozent in die Wasserstoff-Produktion. Energieminister Armin Willingmann (SPD) bezeichnete den Energiepark als Vorzeigeprojekt. Hier werde entlang der kompletten Wertschöpfungskette gezeigt, wie grüner Strom hergestellt, eingelagert und künftig auch die Versorgung der Industrie mit dem grünen Wasserstoff verläuft. „Wir wollen die Energie der Zukunft hier erzeugen für unsere energieintensive Industrie und die braucht in Zukunft grünen Wasserstoff“, sagte Willingmann, der hofft, dass bis 2045 durch den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft im Land allein in Sachsen-Anhalt mehr als 20 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen könnten.
Finalist beim
Innovationspreis
Beim Richtfest für den Elektrolyseur hatte Thomas Wünsch, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt gesagt: „Der Energiepark Bad Lauchstädt ist ein zentraler Baustein für den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Grünen Wasserstoffwirtschaft in Mitteldeutschland. Mit diesem Leuchtturmprojekt steigt Sachsen-Anhalt in die Champions League auf. Dabei profitieren wir einerseits von der guten Wasserstoffkompetenz und -infrastruktur im Land sowie andererseits vom hohen Ausbaustand der erneuerbaren Energien. Das Projekt ist wegweisend für die Verknüpfung von Klimaschutz und wirtschaftlicher Entwicklung.“
Noch in diesem Jahr soll die Technik weiter installiert werden. Ein Dresdener Unternehmen liefert die rund 12 Tonnen schweren Blöcke, die vor Ort zu viert zu einem „Stack“ zusammengebaut werden. Insgesamt sechs dieser Stacks werden dann bis ins 1. Quartal 2025 in vorgegebene Positionen im Elektrolysegebäude eingelassen und installiert. Bis zur Aufnahme des Probebetriebs und ab Ende 2025 auch des Regelbetriebs müssen darüber hinaus auf dem Gelände noch Luftkühler, ein Gleichrichter zur Umwandlung von Wechselspannung in Gleichspannung und die Gasaufbereitung entstehen sowie der Anschluss an die bereits in Umstellung befindliche Wasserstoffleitung zum Erstkunden, der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland, vorgenommen werden.
Bislang speichert die Verbundnetz Gas AG in 18 unterirdischen Kavernen Erdgas. Mit dem Wechsel auf Wasserstoff soll ein neues Zeitalter eingeläutet werden, in dem die Wirtschaft statt Erdgas grün erzeugte Gase nutzt. Projektleiterin Cornelia Müller-Pagel ergänzt: „Wir haben in dem Projekt eine 19. Kaverne fertig gesohlt, die ein Arbeitsgasvolumen von 50 Millionen Kubikmetern hat. Das sind umgerechnet etwa 5000 Tonnen Wasserstoff.“
Die Projektpartner investieren insgesamt 210 Millionen Euro; 34 Millionen davon stammen aus dem Förderprogramm 7. Energieforschungsprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums. Aber auch Bad Lauchstädt selbst wird von dem Zukunftsprojekt profitieren:„Wir sind aktuell daran, ein neues großes Objekt zu planen. Das nennt sich Goethe-Arkaden“, erklärt Bürgermeister Christian Runkel. Das beinhaltet eine Therme, eine Mehrzweckhalle und einen Kindergarten. „Unser Ziel ist es, diese mit der Abwärme dieses Elektrolyseurs zu beheizen und damit klimaneutral und vor allem kostengünstig zu beheizen“, ergänzt Runkel. In seiner Stadt gab es durchaus Kritik am Projekt wegen der vielen Windräder. Doch die Kritiker sind leiser geworden, seitdem die Stadt an Windeinnahmen beteiligt wird.
Jetzt gibt es erst einmal gespannte Erwartungen: Denn der Energiepark Bad Lauchstädt ist als einer der drei Finalisten für den Innovationspreis Neue Gase in der Kategorie „Nachhaltige Erzeugung“ nominiert worden. Die Preisvergabe findet am 13. November in Berlin statt.