Bürgerverein begleitet Flüchtlinge im Alltag

140 Gruitener Ehrenamtliche nehmen Flüchtlinge in der neuen Heimat an die Hand.

Foto: Olaf Staschik

Gruiten. Eine „Vollzeit-Ehrenamtliche“ im Gruitener Bürger- und Verkehrsverein (BVV) ist Frauke Heiden-Ziegert und nennt das selbst einen „schönen Erfolg“. Sie lenkt das Schiff der Koordination, damit alle 140 Gruitener Ehrenamtlichen rund um die Flüchtlingsbetreuung den von ihnen gewünschten Aufgabenbereich erhalten und ausfüllen können. Geboren ist die Idee des Gruitener BVV zur koordinierten Flüchtlingshilfe auf dem Dorffest im Vorjahr. „Wir müssen etwas tun“, war damals die einhellige Meinung, sagt BVV-Vorsitzender Wolfgang Stötzner. Denn im Herbst 2015 war man davon ausgegangen, dass die zu erwartende Belegung des Rockwell-Gebäudes schneller erfolgt als tatsächlich geschehen.

Norbert Pauluweit, Ehrenamtler

Nach den Zahlen, die dem BVV jetzt vorliegen, wohnen inzwischen 51 Flüchtlinge im Gruitener Rockwell-Gebäude. Das kann sich schnell ändern. Die Ehrenamtlichen konzentrieren sich jetzt auf Alltagsbegleitung, Deutsch- oder Alphabetisierungs-Betreuung. Sibylle Isenmann hat die Erfahrung gemacht, dass die von ihr betreuten Menschen das Erlernte „aufsaugen, wie ein Schwamm“.

Die Eheleute Rosmarie und Klaus-Peter Sticker wollen zum Beispiel „Menschen helfen“. Sie seien von ihrer bereits im Ehrenamt tätigen Tochter angesteckt worden. Norbert Pauluweit kümmert sich um eine siebenköpfige Familie — aber immer zusammen mit einer weiblichen Ehrenamtlichen. Außerdem ist er der Experte für Fahrrad-Reparaturen. Das macht er immer in Teamarbeit zusammen mit dem Fahrradbesitzer. Er liefert die erledigte Reparatur nicht einfach ab. „Man kann die Hilfe für die Menschen nicht nur anderen überlassen“, ist seine Überzeugung.

Ingrid Reckert, die Alltagsbegleiterin, will vor allem bei den Flüchtlingen Vertrauen aufbauen. Das erreiche sie bei der zuverlässigen Begleitung zu Behörden, zur Apotheke oder zum Arzt. Und Heike Selle begleitet Kinder und Jugendliche vom dritten Lebensjahr bis zu den Teenagern. „Die Kinder müssen da abgeholt werden, wo sie stehen“, stellt sie fest und weist damit auf die großen Unterschiede in der Entwicklung hin.

Auf das Angebot von Kunstprojekten hat sich Judith Smolka spezialisiert. Dabei entstehen vertrauensvolle Gespräche. Alle diese Angebote werden jedoch zusätzlich und in Absprache zu den Aufgaben der verantwortlichen Caritas-Hauptamtlichen gemacht, sagt Frauke Heiden-Ziegert. „Wo sind unsere Grenzen?“ werde gemeinsam immer wieder diskutiert. Der Assistent an ihrer Seite ist Gero Büskens, der Ethnologie-Student. Er dokumentiert, listet auf und analysiert, was von den BVV Ehrenamtlern erarbeitet wird.

Eine Kompetenz sei bei der Zusammenarbeit entstanden, deren Bündelung weitgehend auf die beeindruckende Arbeit von Frauke Heiden-Ziegert zurückzuführen sei, sagt Büskens. Akademischer sagt BVV-Vorsitzender Wolfgang Stötzner: „Wir erleben eine Evolution in der Integration“. Dazu gehören Gemeinschafts-Aktivitäten wie Liederabende, Fahrradtouren, sportliche Vernetzungen und Lauftreffs, Nähwerkstätten oder Kreativkurse. In einem Jahr sähe die BVV Arbeit mit den Flüchtlingen sicher wieder anders aus.“