Die jungen Kämpfer im Goju-Ryu-Club
Der Goju-Ryu-Club in Haan fördert den Nachwuchs auch im Wettbewerb mit anderen Sportlern aus der Region.
Haan. Die Kinder wirken konzentriert und auch ein bisschen angespannt, als sie sich nebeneinander zum Finale aufstellen. Sie haben sichtlich Respekt vor Chefrichter Andreas Dziadek. „Alle vortreten und verbeugen“, fordert er mit seiner kräftigen Stimme, die durch die Sporthalle der Grundschule Bollenberg schallt. Gehorsam machen die kleinen Kämpfer in den weißen Anzügen und mit nackten Füßen einen Schritt auf den Mann im dunklen Anzug und roter Krawatte zu, anschließend verbeugen sie sich — nicht ganz synchron, aber einigermaßen gleichzeitig.
„Gut, dann dürft Ihr Euch erst einmal wieder setzen, bis Ihr dran seid“, sagt Andreas Dziadek und deutet mit einer Handbewegung auf die hölzernen Bänke am Rande des Wettkampfvierecks. Dort nehmen auch Elisa und Duy-Anh Platz. Die beiden Teilnehmer des gastgebenden Goju-Ryu Karate Club Haan haben sich beim Kata-Turnier bis in die Finalrunde vorgekämpft. Für Elisa ist es der erste Karate-Wettkampf. „Im vergangenen Jahr war ich krank“, sagt die Zehnjährige. Duy-Anh ist zum zweiten Mal dabei. „Ein bisschen aufgeregt bin ich trotzdem“, gesteht er.
Die Nervosität ist ihm anzusehen, als er den roten Gürtel um die Hüften geschlungen bekommt. Dabei hatte er sich vorher vorgenommen, locker zu bleiben und das Beste aus dem Duell zu machen. Mit unbeweglicher Miene stellt er sich neben seinen Gegner auf, verbeugt sich und wartet. „Rot beginnt“, bestimmt Andreas Dziadek. Duy-Anh tritt in die Mitte des Vierecks, verbeugt sich erneut und beginnt mit abrupten schlagenden und stoßenden Bewegungen seinen Kampf gegen einen imaginären Gegner.
„Katas haben alle eine festgelegte Folge von Bewegungen, die wir vorher auswendig gelernt haben“, sagt der Zehnjährige. Im Wettkampf kommt es für ihn darauf an, die einzelnen Elemente möglichst präzise auszuführen und weniger Fehler zu machen, als sein Gegner. „Die Energie in meinen Schlägen ist meine Stärke“, betont er.
Mit zischenden Atemlauten lässt Duy-Anh einen Arm nach vorne schnellen, während der andere in Richtung Schulter zurückklappt. Dann kreuzt er die Arme vor der Brust, dreht sich und kickt mit einem Beim waagerecht nach vorne. Er führt die Hände hinter den Kopf, kickt erneut, begleitet von einem vernehmlichen „Huss!“ Nach wenigen Sekunden ist sein Vortrag beendet. Duy-Anh stellt sich am Ausgangspunkt auf, die Fersen zusammen, die Hände an die nicht vorhandene Hosennaht und verbeugt sich.
„Rot hat zum Schluss einige Standfehler gemacht“, sagt Andreas Dziadek, bevor er den Gegner aufruft. „Die Jury bewertet die Genauigkeit der Bewegungsabläufe, die Stabilität im Stand und die Kraft einer jeden Ausführung in Verbindung mit der Atmung. Die korrekte Atmung ist entscheidend, um lockere Bewegungen ausführen zu können“, erklärt der Erste Vorsitzende Manfred Hanrath. Er verfolgt das Geschehen als Zuschauer aus der zweiten Reihe. „Huss ist ein besonders intensiver Kampflaut, der eigentlich nur einmal vorkommt.“ Nachdem sie sich erneut verbeugt hat, lässt Andreas Dziadek einen schrillen Pfiff ertönen und alle vier Wertungsrichter heben gleichzeitig die rote Fahne. „Rot hat gewonnen“, sagt Andreas Dziadek bestimmt und besiegelt damit Elisas Niederlage, denn sie trägt den weißen Gürtel. Der Ausdruck der Enttäuschung huscht nur kurz über ihr Gesicht. Aber kurz danach ist das vorbei.