Kultur in Hilden Neue Ausstellung im Fabry-Museum stellt Werke psychisch kranker Menschen vor
Hilden · „Festgehalten – Kunst als Wegweiser im Dunkel der Psyche“ lautet der Titel der neuen Ausstellung im Wilhelm-Fabry-Museum an der Benrather Straße in Hilden, die am Sonntag offiziell eröffnet wird.
Diesmal stehen psychische Erkrankungen im Mittelpunkt – und zwar von zwei Künstlern: Matthias Kube, der als Arzt an Alzheimer erkrankte, und Tino Zimmermann, der bedingt durch seine Drogensucht an einer Psychose litt.
Die Kunsthistorikerin Manja Wilkens kannte beide Männer persönlich, hat Kubes Holzstücke und die Fotografien Zimmermanns jetzt in den beiden Räumen des Museums zusammengefügt, um zu zeigen, wie ganz unterschiedlich seelisch kranke Menschen die sogenannte „Outsider Art“ verwirklichen.
Matthias Kube, 1963 in Münster geboren, war Nephrologe und fünffacher Vater, als er 2018 an Alzheimer erkrankte. Er begann Stöcke in der Natur zu sammeln, vor seinem Gartenhaus zu stapeln – und künstlerisch zu bearbeiten. Wer heute die mehr als 30 Exponate in allen Größenordnungen an der Wand oder auf Sockeln präsentiert sieht, kann nur erstaunt sein über die Auswahl und die Bearbeitung dieser besonderen Art der Natur-Kunst.
Imposant ist der große rote Hummer, der sich lackiert und mit Murmel-Glasaugen versehen als erstes Werk des Künstlers präsentiert. Er macht den Weg deutlich, den Kube dann beim Finden und Bearbeiten der Stämme und Zweige weiter ging bis hin zu dem „Kleinen Stier“ im Glaskasten. Je nach Blickrichtung ist er stark oder ganz filigran. Mit einfachen Werkzeugen ist der Kranke dem Naturmaterial zu Leibe gerückt, hat gerillt und geschnitzt – und manchmal auch nicht.
Die „Stöcke“ hat die Hamburger Fotografin Marianne Moosherr gemeinsam mit Kubes Hand im Bild festgehalten. Erstaunlich wie dann in einer Schwarz-Weiß-Fotografie wieder neue Kunst entsteht. Fünf Jahre nach seiner Erkrankung starb Kube, ein Verwandter der Kuratorin, in der Überzeugung, er sei nun ein Künstler, kein Arzt.
Nach einer Vorlesung begegnete Manja Wilkens dem Studenten Tino Zimmermann: „Als Außenstehende versteht man diese Welt nicht immer“, kommentiert sie die teilweise sehr großformatigen Arbeiten des Künstlers, der sich mit Hilfe seiner Fotokunst aus der Sucht und seiner psychischen Erkrankung befreien konnte. Die zwischen 2011 und 2016 entstandenen Arbeiten dokumentieren sein Leben in der brandenburgischen Provinz.
„Es gibt einen Halt im Dunkeln“ heißt es trotzdem beim Eintritt in den zweiten Raum des Museums. Sandra Abend, Museumsleiterin, kann erklären, was die Kunst in dem Gezeigten ausmacht, obwohl viele der Exponate alles andere als schön sind. „Das Fotografieren hat ihn herausgeholt aus der Sucht und der Krankheit.“
Wer ihr an den Fotowänden folgt, erfährt viel über einen jungen Mann, einen Sohn, einen Autodidakten, einen Spieler, einen Liebhaber und einen Künstler, der auch Installation und Multimedia integriert.
Tino Zimmermann wurde 2019 für seine 450 Seiten starke Buchpublikation mit dem deutschen Fotobuchpreis ausgezeichnet. Er studiert mittlerweile Freie Kunst in Karlsruhe. Sandra Abend: „Mit beiden Ausstellungspositionen wird die Bandbreite des Vergessens, bedingt durch Krankheit, Medikation, Drogen sowie Bewahren über das Haptische und Visuelle, veranschaulicht.“