Vortrag in Haan Weibliche Geschichte sichtbarer machen
Haan · Der Haaner Soroptimist Club setzt sich für Frauenrechte und Gleichberechtigung ein. Am Montag war Dagmar Hertle von der Wuppertaler Initiative „Wupperfrauen“ zu Gast. Sie berichtete darüber, wie es um die Würdigung weiblicher Biografien in der benachbarten Großstadt bestellt ist.
„Jede Stadt ist eine Stadt der Frauen, wenn man die Frauen entdeckt“, sagte in ihrem Vortrag Dagmar Hertle, die der Soroptimist Club Haan für ein Referat zum Thema weibliche Stadtgeschichte eingeladen hatte. Als Mitgründerin der Wuppertaler Initiative „Wupperfrauen“ demonstrierte die promovierte Ärztin, die als Gynäkologin sowie Psychotherapeutin ihre Tätigkeiten aus entschieden weiblichem Blickwinkel ausübt, wie es in Wuppertal bislang gelungen ist, einer immer noch männlich dominierten Geschichtsschreibung weibliche Aspekte entgegenzusetzen. Auch wenn Haan als Stadt eine andere Dimension als Wuppertal hat, stieß das Konzept, das eine bessere Sichtbarmachung von verdienstvollen Frauen in einer Stadt verfolgt, auf ein großes Interesse bei dem Haaner Soroptimist Club.
Nur wenige Straßen und Plätze in Wuppertal nach Frauen benannt
Die Initiative zu dem Vortrag war von Susanne Schaper, seit Anfang des Jahres Programmdirektorin im Haaner Club, ausgegangen. „Ich hatte Dagmar Hertle auf einem erweiterten Soroptimist-Treffen kennengelernt, war sofort von dem Projekt der Wupperfrauen begeistert und habe sie dann einfach angefragt, ob sie zu uns nach Haan kommen möchte“, sagte Schaper.
Inwieweit Frauen für ihre Lebensleistung in einer Stadt gewürdigt werden, machte Hertle am Beispiel Wuppertal mit insgesamt 2162 Straßen, Plätzen und Treppen deutlich. Nach Schätzungen unter den Zuhörerinnen verriet sie das niederschmetternde Ergebnis, das nur zwölf Straßen nach Frauen benannt seien.
In einer Stadt, die Geburtsort oder Wirkungsbereich von prominenten Frauen wie Else Lasker-Schüler, Pina Bausch, Rita Süssmuth oder Alice Schwarzer ist, ist dies ein eher bescheidenes Ergebnis. Mit „Wuppertal ist weiblich“ wollen die „Wupperfrauen“ gegen diese Art der lokalen Unterrepräsentierung angehen. Doch Straßenschilder, Frauen-Stadtpläne oder Hinweistafel an Wohnhäusern sind nur ein Aspekt einer verbesserten Sichtbarkeit von verdienstvollen Frauen einer Stadt.
In Arbeit ist auch eine Webseite, die über die Biographien der jeweiligen Frauen, die sich künstlerisch, sozial oder politisch engagiert hatten, informiert. „Rund 100 Frauen haben wir für Wuppertal ausgewählt, etwas über 60 haben wir mit viel Netzwerk-Archivarbeit bereits bearbeitet“, so Hertle. Um die durchweg spannenden Biografien zu veranschaulichen, brachte sie einige Beispiele. Etwa von Cläre (Klara) Tisch, die bei Professor Joseph Alois Schumpeter, einer Koryphäe der Wirtschaftswissenschaften in jener Zeit, studiert und promoviert hatte, jedoch wegen ihrer jüdischen Abstammung 1934 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn mit Arbeitsverbot belegt wurde. 1941 wurde sie nach Theresienstadt deportiert und wenige Tage später ermordet.
Arbeitskreis recherchierte hochinteressante Lebensläufe
Gleichsam fantastisch mutet das Schicksal von Regina Bruce, am 12. Dezember 1900 im Wuppertaler Rex-Kino geboren, an. Ihre Familie, die aus Togo, früher als Togoland bezeichnet, kam, zog im Rahmen einer sogenannten Völkerschau umher, und war gezwungen, das Baby bei Pflegeeltern zurückzulassen. Als Diakonisse kam sie in das Heimatland ihrer Eltern und wurde später Präsidentin des Roten Kreuzes in Togo.
Eine besondere Bedeutung für die Frauenbewegung hatte die 1869 geborene Helene Stöcker, Tochter eines Elberfelder Textilfabrikanten und engagierte Frauenrechtlerin, Sexualreformerin und lautstarke Gegnerin des Abtreibungsverbots sowie strafbarer Homosexualität. „Wir sind heute noch nicht da, wo Helene Stöcker vor 100 Jahren schon hin wollte“, erklärte zu der Pionierin von Frauenrechten Dagmar Hertle.