Helfer stoßen an ihre Grenze
Im Bereich der Obdachlosenarbeit hat die SPE Mühle ein funktionierendes Frühwarnsystem.
Hilden. Die Nachbarn merken es in der Regel zuerst, wenn eine Wohnung verwahrlost: „Die Leute melden sich, weil es stinkt“, sagt Sozialarbeiter Siegfried Wagner. Seine Kollegen und er sind immer öfter gefragt, weil Bürger ihre Wohnung zu verlieren drohen, weil sie nicht mehr zurechtkommen.
Obdachlosigkeit droht. In diesem Bereich ist die Sozialpädagogische Einrichtung (SPE) Mühle aktiv — und mittlerweile an den Grenzen ihrer Kapazität angelangt. Das zeigt der für die Politik erstellte Jahresbericht. Das Papier lässt das Ausmaß der Armut in Hilden erahnen.
Die Helfer der SPE Mühle bevorzugen es, wenn sich Betroffene melden, die ihre Wohnung noch nicht verloren haben. 250 Mietparteien hatten im vergangenen Jahr akute Mietschulden, waren von Räumung bedroht.
„Unser Frühwarnsystem ist auf hohem Niveau erfolgreich“, sagt Paul Lutter, Geschäftsführer der Einrichtung. In mehr als 100 Fällen sprachen die Spezialisten mit Vermietern und Gerichtsvollziehern.
Oftmals waren die Gespräche erfolgreich: Weniger als ein Zehntel der Betroffenen mussten in Notunterkünfte ziehen: „Das stellt für uns das Ergebnis unserer Arbeit dar“, sagt Lutter.
Die tatsächliche Obdachlosigkeit ist mit 0,1 Prozent so gering, dass der Verein — abgestimmt mit der Stadt — Notunterkünfte schließen wird. Die Häuser an der Krabbenburg und an der Richrather Straße stehen auf der Liste.
Die Probleme der Bürger betreffen aber nicht allein das Geld: „Bei Verwahrlosung prüfen wir, ob jemand Anspruch auf eine Pflegestufe hat“, sagt Wagner. Wer nicht mehr in der Lage ist, sich zu versorgen, wird unterstützt — notfalls mit einer Haushaltshilfe. Siebenmal war das im vergangenen Jahr nötig.
Ein weiterer Schwerpunkt des Angebots ist die Essen- und Wärmestube der SPE Mühle an der Schulstraße. Persönliche Bezüge anzubieten, die Lebensstrukturen zu stabilisieren, ist dort das Ziel. Rund 30 Besucher kommen an jedem Werktag, etwa die Hälfte isst etwas.
Das Mühle-Team befürchtet, dass der Bedarf in Hilden weiter steigen wird. Die Veränderungen bei der Bundesagentur für Arbeit und den städtischen Trägern seien Grund für diese Annahme. Auffallend sei, dass aktuell 103 Kinder von der Wohnungsnot ihrer Familien betroffen sind.
„Die Lebenschancen dieser Kinder stehen unter einer äußerst ungünstigen Prognose“, sagt Lutter. Eine Erziehungshilfegruppe mit zehn überwiegend alleinerziehenden Müttern ist eine der Antworten der Mühle.
Im Bereich der allgemeinen Sozialberatung musste der Verein bereits Klienten abweisen, weil die Kapazität erschöpft ist. Bei der Hilfe gegen Obdachlosigkeit ist nach Angaben des Vereins die Nachhaltigkeit nicht mehr gewährleistet. „Da müsste mehr erfolgen, damit sich Mietschulden und Räumungsklagen nicht wiederholen“, sagt Wagner.