Jungs sollen ihre Rolle finden
Im Schulzentrum an der Walder Straße sind zwei Jungen-Coaches im Einsatz.
Haan. Duckmäuser, Angeber, Mobber, Introvertierte, Selbstbewusste — Daniel Bisdorf und Knut Hahn wollen die ganze Bandbreite männlicher Schüler in ihrer Arbeitsgemeinschaft „Wir sind Jungs, und das ist gut so!“ aufnehmen. „Es geht nicht nur darum, mit den schwierigsten und auffälligsten Schüler umzugehen“, sagt Hahn. „Alle diese Jungs sollen ihre Rolle finden, ein anderes Bild von Männlichkeit bekommen und in ihrem Jungen-Sein gefestigt werden“, zählt er auf.
Knut Hahn (50) ist Lehrer an der Emil-Barth-Realschule. Daniel Bisdorf (33) unterrichtet an der Hauptschule zum Diek. Beide haben sich mit Hilfe der Praktikums- und Lernpartnerbörse (P-u-L) zu sogenannten Jungen-Coaches fortbilden lassen. „Nachdem wir Rückmeldungen von Firmen erhalten haben, dass sie zum Berufsschnuppertag lieber Mädchen als Jungen nehmen würden, haben wir vor vier Jahren begonnen, uns mit dem Jungen-Thema zu beschäftigen“, sagt Barbara Wachsmann, Vorsitzende von P-u-L: „Wir wollten wissen, woher das kommt.“
Der Verein nahm Kontakt zum Institut „For: (ju!)“ von Albert Krüger in Göttingen auf, der sich intensiv mit dem Thema Jungen und Männlichkeit befasst. „Wir haben 2008 mit Herrn Krüger eine Reihe von Aufklärungsveranstaltungen zum Thema ,Jungen ticken anders’ durchgeführt. Und er hat uns dann vorgeschlagen, Lehrer zu sogenannten Jungen-Coaches ausbilden zu lassen“, sagt Wachsmann.
Nachdem das Konzept stand, ging im Januar 2010 die erste Arbeitsgemeinschaft am Schulzentrum an den Start. Seitdem wurde das Konzept immer wieder überarbeitet. „Jetzt sind wir so weit, wir haben erste Erfahrungen gesammelt und spüren auch eine Entwicklung bei den Jungs“, sagt Bisdorf, nachdem gerade der dritte Durchgang mit Siebtklässlern von der Realschule zu Ende gegangen ist. „Die Resonanz in der Gruppe war sehr positiv. Und es ist nicht nur ein Gewinn für die Jungs, sondern auch ein Gewinn für mich als Hauptschullehrer“, fügt er hinzu.
Und auch Hahn ist immer noch begeistert von der Entwicklung der Jungen. „Wir hatten auch Heulsusen, Übervorsichtige, Behütete, die super Angepassten und diejenigen Jungs, die kaum Kontakte zu anderen Jungen oder männlichen Bezugspersonen haben“, sagt er. Dass alles, was in der Gruppe gesagt wird, nicht nach außen dringt, gebe den Jugendlichen Sicherheit. „Am Ende haben sie sogar geboxt“, sagt Hahn: „Das hätte keiner von denen am Anfang getan. Und einer der ganz ängstlichen Jungs hat sich total verändert. Der geht ganz anders, guckt ganz anders.“
Dass sie nicht alle Schüler erreichen können, ist den beiden Pädagogen klar. „Aber wenn von zwölf Jungen zwei ein anderes Bild von Männlichkeit erhalten, dann haben wir schon etwas erreicht“, sagt Bisdorf. Dass der ein oder andere ein Macho bleibe, sei eben so.