Hilden historisch Das waren die 30er-Jahre in Hilden
Hilden · Der Beginn der Nazi-Diktatur, die Eröffnung der A3, der VfB-Sieg über Borussia Mönchengladbach und das erste Feuerwehrauto – das alles gehört zu den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ein Blick in die Geschichte Hildens.
In den 1930-Jahren beginnt das dunkelste Kapitel der Hildener Geschichte. 1933 übernehmen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland, verfolgen Juden und Andersdenkenden, ermorden sie, stürzen die Welt in einen neuen Krieg. Was zunächst weit weg ist, kommt im Laufe der Zeit auch nach Hilden. In diesem Jahrzehnt gibt es aber auch noch weitere Ereignisse, die unsere Region bis heute prägen. Wir haben sieben ganz unterschiedliche Fakten zu den 1930er-Jahren in Hilden zusammengetragen.
1. Nazi-Diktatur
Die NSDAP ist zunächst nur eine politische Randerscheinung in Hilden, wächst mit der Zeit aber rasant an. Heinrich Thiele gehört schon früh zu den Schlüsselfiguren der Hitler-Partei in der Itterstadt und gründet 1930 eine eigene Ortsgruppe. Nach 1933 steuert nicht der von den Nazis eingesetzte Bürgermeister Walter Schomburg die Geschicke der Stadt, sondern der vorbestrafte NSDAP-Ortgruppenleiter, von dem Zeitzeugen sagen, dass er ein „ungezügelte Barbar, jähzornig, brutal, in der Trunkenheit ein wildes Tier, ein Gefäß gefährlicher Energien“ war. Thiele herrscht mit Skrupellosigkeit und Brutalität. Der erste Mord der Nazis geschieht am 7. Juli 1933. Der HiIldener Kommunist Hermann Klemens wird erst verhaftet, verhört und dabei schwer misshandelt. SA-Männer zerren Hermann Klemens auf die Gasstraße (heute Kolpingstraße), prügeln ihn zu Tode und schießen auf seine Leiche. Am nächsten Tag erklären sie, Hermann Klemens sei „auf der Flucht erschossen worden“. 49 Stolpersteine erinnern heute in Hilden an die Opfer der Nazis. Höhepunkt der Gewaltexzesse ist die Reichspogromnacht. Ortsgruppenführer Heinrich Thiele ist es, der am Abend des 9. November 1938 die Mördertruppe anführt, als sie sieben Hildenerinnen und Hildener umbringen oder in den Tod drängen.
2. Waldkaserne
Im Mai 1936 marschieren zum ersten Mal nach Ende des Ersten Weltkriegs Soldaten durch die Itterstadt. Anlass ist die Einweihung des Ehrenmals am Fuchsberg. Später soll in Sichtweite die Kaserne entstehen, die von den Hildenern schon früh Waldkaserne genannt wird. Aber in diesem Moment im Mai 1936 denkt noch niemand daran, dass schon bald 1500 Soldaten zwischen Fuchsberg und Jaberg leben werden. Im Juli 1937 unterrichtet Hildens Bürgermeister Walter Schomburg den Stadtrat darüber, dass das Luftkreiskommando IV in Münster beabsichtigt, eine Flak-Kaserne im Hildener Stadtwald zu bauen. Die Vorbereitungen laufen unterdessen schon auf Hochtouren: Bereits seit dem 1. Juli 1937 kauft das Militär Grundstücke an. Von der Stadt Hilden gehen beispielsweise 190 000 Quadratmeter zum Preis von 0,35 Reichsmark pro qm an die Luftwaffe. Im September legen die 500 Arbeiter los, errichten zuerst ihre Baracken. Der Sportplatz, der auf dem Gelände der späteren Kaserne liegt, wie auch ein Teich, werden planiert. Am 15. November, kurz nach der Reichspogromnacht, rücken die Soldaten unter Jubel ein: Überall werden die Angehörigen der III. Abteilung des Flak-Regiments 64 als „unsere Soldaten“ begrüßt. Die Mittelstraße ist beflaggt, Tausende Hildener säumen sie und erheben ihren Arm zum Hitlergruß, als die Militärfahrzeuge vorbeirauschen. Am 1. Dezember 1938 treffen die ersten Rekruten in Hilden ein – sie werden am 10. Dezember feierlich auf dem späteren HAT-Sportplatz an der Hummelsterstraße vereidigt. Am 16. April 1945 nehmen die Amerikaner Hilden ein. Nur wenig später ziehen die Briten in die Kaserne, nennen sie St. David Barracks. 1968 übernimmt die Bundeswehr.
3. Graf Zeppelin
Aufsehen erregt im Juli 1930 der Überflug des Luftschiffs „Graf Zeppelin“ über Hilden. Das berichtet die Hildener Zeitung tags darauf: „Große Freude herrschte gestern Nachmittag kurz vor fünf Uhr, als plötzlich das Luftschiff ,Graf Zeppelin‘ am Horizont auftauchte. Der Festzug unserer Feuerwehr bewegte sich gerade auf der Benrather Straße, um in die Mittelstraße einzumünden, als der Zeppelin erschien. Aus diesem Anlaß mußte natürlich eine kurze Unterbrechung im Weiterziehen eintreten. Das Luftschiff kam aus Richtung Benrath und nahm Kurs auf Ohligs. Es flog ziemlich niedrig und über die Häuser der Stadt, so daß es gut gesichtet werden konnte. Leider währte der schöne Anblick der Luftriesen nur kurze Zeit, denn schneller als erwartet, war er den Blicken entschwunden.“ Kurze Zeit später fliegt die Graf Zeppelin erneut über Hilden, jedoch um 5.30 Uhr morgens, sodass nur weniger Hildener das Luftschiff erspähen können.
4. Verkehr
Die wahrscheinlich wichtigste Verkehrsinfrastrukturmaßnahme in den 1930er-Jahren waren der Bau und die Eröffnung der A3. Wer bei der Autobahn 3 an ein Werk der Nazis denkt, liegt nicht ganz richtig. Bereits 1926 beschließt die Politik den Bau einer kreuzungsfreien Provinzialstraße zwischen Köln und Düsseldorf, die ab 1931 gebaut wird. Sie gilt als Vorläufer der A3, auch wenn sie heute nicht Teil der Autobahn, sondern eine Bundesstraße ist. Das erste Teilstück wird Anfang 1933 eröffnet. Obwohl die Nazis im Vorfeld gegen die „Straßen der Reichen“ sind, nutzen sie die bereits vorliegenden Pläne für die Autostraßen nach der Machtübernahme, um mit dem Bau der Reichsautobahnen die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. 1936 wird der Abschnitt zwischen Hilden und Breitscheid von NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels eröffnet.
5. VfB besiegt Borussia
Ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte des VfB 03 Hilden ist der 3:1-Triumph auf dem Bökelberg vor 30 000 Zuschauern gegen Borussia Mönchengladbach. Dieser legendäre Sieg am 18. Juni 1939 bedeutete den Aufstieg in die „Gauliga“, die damals höchste deutsche Spielklasse. 2000 Hildener sollen auch am Bökelberg gewesen sein, die anderen Hildener hingen an diesem Sonntagnachmittag am Telefon, wenn sie eins besaßen oder in der Nähe hatten und warteten auf das Spielergebnis. Und kaum war der große Sieg der Hildener Fußballer bekannt geworden, da strömten die Hildener auf die Straßen und feierten den Erfolg in Mönchengladbach.
6. Erstes Feuerwehrauto
Am 31. Januar 1870 gründet die HAT eine freiwillige Turnerwehr – der offizielle Startschuss für die Hildener Feuerwehr. 1927 besteht sie aus vier Löschzügen und 152 Mann. Zum 60-jährigen Bestehen 1930 erhält die Wehr ihren ersten motorisierten Mannschaftswagen. Gebaut wird er im Hildener Fahrzeugwerk Fritz Lotze und ist damals auf das Modernste ausgerüstet. Das Fahrzeug kann zehn bis zwölf Feuerwehrmänner befördern und wird von einem 50-PS-Mercedes-Motor angetrieben. 400 Meter Schlauchleitungen, zwei Hängeleitern, vier Schaumlöscher, zwei Nasslöscher, ein Scheinwerfer sowie diverse Geräte für Wald- und Heidebrände sind an Bord. Das Fahrzeug wird 1963 außer Dienst gestellt und bis heute liebevoll gepflegt und instand gehalten.
7. Jabergturm
Der Jaberg verfügt seit 1931 über einen 13,20 Meter hohen Aussichtsturm, von dem man bei klarer Sicht sogar den Kölner Dom sehen kann. Damals waren die Bäume noch nicht so hoch gewachsen, sodass man auch die nähere Umgebung besser überblicken konnte. Zeitweise war dort auch eine Brandwache eingerichtet, um Feuer in der Stadt frühzeitig zu erkennen.