Hilden ist stolz auf seine Einkaufsmeile

Vor 30 Jahren wurde die Mittelstraße für den Verkehr gesperrt und zur Fußgängerzone erklärt. Das Konzept ist aufgegangen.

Foto: Thomas Ollendorf

Hilden. Wer heute über die Mittelstraße schlendert, kann kaum glauben, wie es vor 35 Jahren zwischen Fritz-Gressard-Platz und Gabelung aussah. Die Straßenbahn fuhr noch durch die Mittelstraße und musste sich den knappen Straßenraum mit Autos, Lastwagen, Radfahrern und Fußgängern teilen. Über eine Fußgängerzone haben die Stadtväter und -mütter jahrelang diskutiert und gestritten. Die Einzelhändler waren gegen eine „reine“ Fußgängerzone. Sie hatten große Angst, ihre Kunden zu verlieren und wollten deshalb unbedingt, dass weiterhin Busse durch die Mittelstraße fahren.

„Auch ich war zunächst ein Gegner der Fußgängerzone“, gibt Rolf Schnatenberg zu. Er betrieb von 1983 bis 2004 das bekannte Kaufhaus an der oberen Mittelstraße. „Wir wollten, dass zuerst die Umgehung Berliner Straße fertig ist, bevor die Mittelstraße für den Verkehr gesperrt wurde“, erinnert der damalige Vorsitzende des Einzelhandelsverbandes Kreis Mettmann. Im Herbst 1984 wurde der Abschnitt zwischen Schul- und Bismarckstraße neu gepflastert. Die Aufregung war groß. Das Grauwacke-Pflaster erhielt eine starke Wölbung mit tiefen Rinnen rechts und links. Dazu wurde das Material so schlampig verlegt, dass breite Fugen zwischen den einzelnen Steinen klafften. Alles musste wieder raus. Der Stadtrat entschied sich für rotgeflämmte Ziegel, die ab Februar 1985 stolperfrei verlegt wurden. Trotzdem ging das Projekt holperig weiter. Ein Treppenabsatz bei der Stadtsparkasse (Ecke Bismarckstraße) ließ viele Bürger stolpern. Poller zwischen Gressard-Platz und Schulstraße regten Anwohner auf. Sie verschwanden ebenso schnell, wie die Verwaltung sie aufgestellt hatte. 1987 rang sich der Stadtrat einstimmig dazu durch, die Fußgängerzone in voller Länge allein den Fußgängern vorzubehalten.

Heute — 30 Jahre später — ist das alles vergessen. Die Hildener sind richtig stolz auf ihre Flanier- und Einkaufsmeile mit dem charmanten alten Markt, der im Sommer südliches Flair entfaltet. In einer bundesweiten Befragung des Instituts für Handelsforschung Köln haben Kunden gerade erst die Hildener Innenstadt zur attraktivsten Deutschlands gewählt — in der Kategorie 50 000 bis 100 000 Einwohner. „Das ist ein Kompliment für den Hildener Einzelhandel“, sagt Bürgermeisterin Birgit Alkenings. Rat und Verwaltung hätten vor vielen Jahren klug gehandelt, als sie entschieden, großflächigen Einzelhandel nicht auf der grünen Wiese zuzulassen. Das sieht der ehemalige Kaufhaus-Chef Rolf Schnatenberg auch so: „Wir haben dafür gekämpft, die Innenstadt zu stärken. Das hat sich bezahlt gemacht.“

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Die Geschäfte in der Innenstadt müssten sich wie ein großes Einkaufscenter verstehen, war Schnatenbergs Anliegen. Große Vielfalt, gemeinsam stark und dadurch attraktiv: Mit ihrem breiten Angebot, ihrer Gemütlichkeit, ihren Festen, Feiern und Events wird die Fußgängerzone zum Erlebnis und kann gegen den Internet-Handel bestehen. Das bestätigt auch Timo Grebe vom Büro Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen: „Die Innenstadt funktioniert so, wie sie ist.“ Der Experte hat aktuelle Zahlen für die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts erhoben. Die 340 Einzelhändler machen knapp 60 Prozent (273 Millionen Euro) ihres Umsatzes mit einheimischen Kunden und etwa 40 Prozent (182 Millionen Euro) mit Kunden von auswärts. „Das ist ein sehr hoher Wert, den kaum eine andere Stadt erreicht“, sagt der Gutachter. Hilden ist die attraktivste Einkaufsstadt in der ganzen Region — dank der Fußgängerzone. Das sehen die Hildener übrigens auch selbst so. Sie kaufen alle Sortimente zu 70 Prozent in Hilden ein. Hilden — was liegt näher.