Spendenaktion in Hilden Nicht alle Kinder können sich einen Tornister leisten
Hilden · Kinderarmut betrifft in Deutschland rund jedes vierte Kind. Der Kinderschutzbund Hilden hat in Kooperation mit dem Lions Club für 42 i-Dötzchen Schulranzen gekauft. Warum solche Hilfsprojekte auch in Hilden nötig sind.
Im ersten Schritt Schulmaterialien, Kleidung und Tornister – Ausflüge, Schulsport und Schulauftritte im nächsten Schritt. Ein Schulbesuch in Deutschland ist teuer. Besonders für Kinder, deren Familien in Armut leben, kann er finanziell belastend sein. Die Einschulung, ein wichtiger Moment im Leben der i-Dötzchen wird durch die Sorgen im Elternhaus schnell überschattet und zu einem Moment der sozialen Ausgrenzung.
Der Kinderschutzbund Hilden (KSB) versucht, gemeinsam mit dem Lions Club dagegen zu lenken. Seit sieben Jahren versorgt der KSB Kinder aus bedürftigen Familien zur Einschulung mit Tornistern – und wird dabei in diesem Jahr zum vierten Mal finanziell vom Lions Club unterstützt. Eine Summe von 4500 Euro habe man dem Kinderschutzbund für die Aktion gespendet, berichtet Reinhardt Gatzke vom Lions Club. Daneben gelte aber auch dem Taschengeschäft Sogers in der Nähe von Koblenz ein weiterer Dank. Sie hätten dem Kinderschutzbund die Tornister zu einem guten Preis zur Verfügung gestellt, betont Nadine Lichtenwimmer, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes.
Auf dem Weg dahin, allen Kindern die gleichen Startchancen zu ermöglichen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation oder Herkunft, sei der Schulranzen ein wichtiges Utensil. Er „symbolisiert auch ein Stück Normalität und Zugehörigkeit“, meint Lichtenwimmer. Sie schätze, dass eine Einschulung um die 500 Euro koste. 300 Euro davon für den Schulranzen und 200 Euro für beispielsweise Schulmaterialien und Sportschuhe. Die Spende in Form des Tornisters sei dabei eine deutliche Erleichterung für die Familien. Die diesjährigen Schultaschen gehen neben geflüchteten Kindern auch an Kinder, deren Eltern einen Antrag auf Unterstützung beim Stellwerk gestellt haben.
Besondere Mühe geben sich die Unterstützer und Unterstützerinnen des Projekts bei der Auswahl der Ranzen. Die Kinder konnten im Vorfeld Wünsche bezüglich der Farbe und des Motivs äußern – man habe sich dann Mühe gegeben, den Präferenzen gerecht zu werden, sagt Lichtenwimmer. Warum es im besten Fall neue Schulranzen sein sollen und keine gebrauchten, erklärt Andrea Schroder vom Amt für Jugend, Schule, Integration und Sport: „Das hat auch was mit Stigmatisierung zu tun.“ Es sei etwas anderes, wenn man als einziges Kind der Klasse keinen neuen Schulranzen hätte.
Auch die neue Präsidentin des Lions Clubs, Astrid Bösch, freut sich, die Schulranzen nun an Vertreter der Hildener Flüchtlingsunterkunft übergeben zu können. Schulranzen seien natürlich ein großes und überzeugendes Symbol. Sie könne sich aber auch noch gut daran erinnern, wie der eigene Schulranzen bei ihren Kindern die Vorfreude und Motivation für die Schule gesteigert hätte.
Wieso eine Unterstützung von Kindern besonders zum Schuleintritt wichtig ist, verdeutlichen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Robert-Bosch-Stiftung im September 2023. Sie zeigen, dass die Kinderarmut für Lehrerinnen und Lehrer sichtbar zunimmt. Jede dritte Lehrkraft berichtete, dass Kindern Schulmaterialien fehle. Kein Wunder, wirft man einen Blick auf die Lage der Kinder in Deutschland: Im Jahr 2022 galten in der Bundesrepublik laut Studien-Ergebnissen der Bertelsmannstiftung, 21,6 Prozent, also rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, als „armutsgefährdet“. Ein abstrakter Begriff für ein sehr konkretes Problem: Eine Person gilt in Deutschland als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt (Stand 2022: 1250 Euro netto).
In Hilden haben im Jahr 2022 durchschnittlich 4957 Personen Leistungen zur sozialen Grundsicherung (Bürgergeld und SDB XII) empfangen. Im Dezember 2022 lebten laut dem Sozialbericht der Stadt Hilden 1255 Kinder und Jugendliche in Haushalten, die auf Leistungen der sozialen Grundsicherung angewiesen sind. Das sind 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Hilden. In dem Bericht der Stadt heißt es aber auch: „Die Zahlen geben nur einen Teil der Armutslagen von Bürgerinnen und Bürger in Hilden wieder“. Der Grund sei, dass nicht alle Berechtigten auch Leistungen beantragen und „weitere soziale Transferleistungen wie Wohngeld und armutsnahe Lebenslagen noch nicht berücksichtigt wurden.“