Von Hilden nach Kommern Hildens Sternwarte zieht in die Eifel

Hilden · Versteckt im Hinterhof der ehemaligen Knabenschule an der Kolpingstraße stand in den vergangenen 100 Jahren eine Sternwarte. Diese wird jetzt abgebaut, restauriert und im Freilichtmuseum Kommern wieder aufgebaut.

Ein Mitarbeiter des Freilichtmuseums Kommern demontiert das Teleskop der Schulsternwarte an der Kolpingstraße.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Unbemerkt von den meisten Hildenern stand in den vergangenen 100 Jahren die zeitweise größte private Sternwarte Westdeutschlands an der Kolpingstraße. Sie gehörte zur „Höheren Privat-Knabenschule und Pensionat Röttger“, einer Elite-Schule für Jungs aus der Region, aber auch aus dem europäischen Ausland. Experten des Freilichtmuseums Kommern bauen diese Sternwarte nun Stück für Stück ab, um sie zunächst zu restaurieren und sie dann bis Sommer 2024 in der Eifel wieder aufzubauen. In dieser Woche startete das Großprojekt mit dem Abbau des Teleskops.

Vier bis fünf Wochen dauern die Arbeiten vor Ort in Hilden, schätzt der wissenschaftliche Referent Raphael Thörmer. Das Gebäude soll in möglichst großen Stücken auseinandergebaut werden. Der Sockel aus Ziegelsteinen jedoch wird wahrscheinlich Stein für Stein abgetragen und genauso in der Wohngruppe „Bergisches Land“ in Mechernicher Stadtteil Kommern (Kreis Euskirchen) wieder aufgebaut. „Das heißt, wir werden jeden Stein nummerieren“, sagt Thörmer.

Die Sternwarte ist 1919/20 fertiggestellt und am 8. August 1920 eröffnet worden. Schuldirektor und Schuleigentümer Friedrich Röttger hatte sie teilweise selbst gebaut, unter anderem soll er einige Linsen selbst geschliffen haben. Bis mindestens 1962 soll die Sternwarte in Betrieb gewesen sein, dann starb Röttger. Seine Erben pflegten die Sternwarte weiter, in den vergangenen rund zehn Jahren jedoch nagte der Zahn der Zeit an dem Gebäude. Dann bekam das Freilichtmuseum Kommern Wind von der Sternwarte, baute den Kontakt zu den Erben auf und übernahm letztlich das Gebäude.

Friedrich Röttger hatte 1908 bereits eine andere Sternwarte auf dem Dach der Knabenschule errichten lassen – in einem Türmchen, der sogenannten Laterne. Doch die Erschütterungen des Gebäudes waren zu hoch, sodass er mit der Planung des allein stehenden Gebäudes auf dem Schulgelände begann. Die Planungen durchkreuzte der Erste Weltkrieg, sodass die Sternwarte erst 1920 fertig wurde.

Der Direktor des Freilichtmuseums Kommern, Carsten Vorwig, ist von der Sternwarte aus Hilden begeistert. Besonders spannend sei die Kuppel über dem 15-eckigen Gebäude: Sie lässt sich um 360 Grad drehen und per Zahnrad bis über den Zenit öffnen.“ Das Teleskop hat eine Brennweite von 307 Zentimetern und eine Objektivöffnung von 19 Zentimetern. Die mehr als vier Meter hohe Anlage soll sogar die Jupitermonde und die Saturnringe sichtbar machen können. „Wir konnten auch eine Reihe von Zubehör wie Okulare, Plattenkameras und astronomische Messinstrumente aus der Sternwarte übernehmen, die seit über 100 Jahren dort im Wandschrank lagerten“, erklärt Raphael Thörmer weiter. Das Kommern-Team hofft, dass auch die Optik, also das Teleskop, restaurierbar ist. „Das wäre unser absoluter Traum“, erklärt Museumsdirektor Carsten Vorwig. „Dann könnten wir unser breites Vermittlungsangebot um einen spannenden Baustein erweitern und den Museumsgästen in Zusammenarbeit mit Astronomen den Sternenhimmel mit einem historischen Teleskop näherbringen.

Mit der Sternwarte zieht ein weiteres Gebäude aus Hilden in ein Freilichtmuseum um. In Lindlar können die Besucher bereits seit einigen Jahren das Kleinstwohnhaus namens „Haus Hilden“ besuchen. Es steht für eine typische Wohnsituation zu Beginn der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts. Aktuell lässt das Freilichtmuseum im Bergischen Land das zweite Haus Hilden errichten. Es soll bald eröffnet werden.