Nach der angekündigten Schließung Hildener und Haaner kämpfen um ihre Kliniken

Hilden/Haan · Sie sammeln Unterschriften, starten Online-Petitionen und planen Demonstrationen – die Menschen in Hilden und Haan wollen die angekündigte Schließung ihrer Kliniken nicht hinnehmen. In der Belegschaft schwindet die Hoffnung.

Das Hildener St.-Josefs-Krankenhaus (Foto) soll geschlossen werden, ebenso das St. Josef in Haan.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der Schock sitzt auch am Donnerstag noch tief: „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen“, erklärt Michael (Name von der Redaktion geändert). Der 48-Jährige arbeitet am Hildener St.-Josefs-Krankenhaus und hat am Mittwoch erfahren, dass die Klinik zum 31. Januar 2024 schließen soll. „Wir sind mit dem Gefühl in die Versammlung gegangen, dass nun die endgültige Schließung des Haaner Krankenhauses verkündet wird und wir in Hilden die Mitarbeiter irgendwie bei uns aufnehmen müssen“, sagt er. „Dass auch Hilden schließen muss, hatte niemand auf dem Schirm. Es sind viele Tränen geflossen – und fließen immer noch.“ Am Mittwoch hatte Krankenhausbetreiber Kplus bekannt gegeben, dass nicht nur die Lukasklinik in Ohligs dicht gemacht wird, sondern auch die beiden Standorte in Haan und Hilden. Vorausgegangen war die Insolvenz der Kplus-Gruppe und der Versuch, aus eigener Kraft das finanzielle Gleichgewicht zu erreichen. Einige Mitarbeiter der Lukasklinik schienen nicht daran geglaubt zu haben, sodass die komplette Neurologie und mit ihr die lukrative Stroke Unit (Schlaganfall-Einheit) nun ans Städtische Klinikum nach Solingen wechselt und nicht wie geplant nach Hilden. Vergangene Woche Freitag trafen sich die Klinikbetreiber mit dem Ministerium und sprachen über die Zukunft. Mit diesem Ergebnis: Die Geriatrie soll nicht von der St.-Lukas-Klinik in Solingen nach Hilden verlegt werden. „Und es hieß, diese Entscheidung sei sehr wahrscheinlich unumstößlich“, erklärte eine Kplus-Sprecherin. „Nach dem Verlust der Neurologie ist das der zweite schwere Schlag. Das können wir wirtschaftlich nicht kompensieren“, sagte Stefan Denkhaus, Generalbevollmächtigter der Kplus-Gruppe. Das bedeutet ganz konkret: Wir müssen weit über 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen, darunter 150 Auszubildende in der Pflege.“

Bereits kurz nach Bekanntwerden der Schließungspläne begannen die Hildener und Haaner Bürger, für ihre beiden Krankenhäuser zu kämpfen. Eine Online-Petition mit dem Titel „Krankenhausschließung stoppen“ hatte bis Donnerstagnachmittag bereits weit mehr als 20 000 Unterzeichner gefunden. In Hilden wird offenbar eine Demo für diesen Samstag geplant, jedoch war sie bis Donnerstagnachmittag laut eines Sprechers noch nicht bei der Polizei angemeldet. In Haan schmiedet sich ein überparteiliches Bündnis unter dem Motto „Wir für unser Krankenhaus“, das am Samstag, 14. Oktober, Unterschriften auf dem Neuen Markt sammelt – darüber hinaus wurde parallel eine Demonstration angemeldet. Nähere Infos dazu werden die Organisatoren noch bekannt geben.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag, Josef Neumann (SPD), meldete sich zu Wort: „Die Versorgungssicherheit für die Patientinnen und Patienten in Solingen und dem Kreis Mettmann muss oberste Priorität haben.“ Es dürfe nicht sein, dass durch die Schließungen Engpässe entstehen. Und: „Wir müssen für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berufliche Perspektiven schaffen. Dies gilt auch für die nicht-medizinischen oder -pflegerischen Kräfte.“

Unverständnis über Kompromisslosigkeit von Kplus

„Was mich, abgesehen von der Tragweite der Entscheidung, am meisten erschüttert, ist die radikale Kompromisslosigkeit mit der Kplus seine Entscheidung nur einen Tag nach der vielversprechenden politischen Gesprächsrunde im Ministerium verkündet. Wieso deren Ergebnisse so unterschiedlich interpretiert werden können, bedarf dringend der Aufklärung“, erklärte der Haaner FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Ruppert. Der Fraktionsvorsitzende der Hildener SPD, Kevin Buchner, fordert alle Beteiligten dazu auf, die medizinische Grund- und Notfallversorgung sicherzustellen und schnell eine gemeinsame Zukunftsperspektive zu entwickeln, um die Versorgungssicherheit für Patientinnen und Patienten im Kreis Mettmann zu gewährleisten. Dafür sei es nötig, dass das NRW-Gesundheitsministerium den Standort Hilden nachhaltig mit Fachabteilungen und Leistungsgruppen stärkt, wie es bisher vorgesehen war. Scharfe Kritik übt Buchner an Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), der mit „seinen Entscheidungen den Standort Hilden völlig überraschend aufgegeben hat“.

Für St.-Josefs-Mitarbeiter Michael sind diese Solidaritätsbekundungen ein „tolles Zeichen“, wie er sagt. Ihm sei immer noch schleierhaft, wie der Wegfall der Geriatrie mit rund 300 Plätzen ausschlaggebend für die Schließung der Hildener und Haaner Kliniken und dem Wegfall von 1500 Stellen sein könne: „Ich bin kein Kaufmann, aber ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen.“ Die Kplus-Geschäftsführung habe noch vor einer Woche in einer E-Mail Zuversicht versprüht. Der 48-Jährige könne jeden verstehen, der sich nun schnell einen neuen Job suche. „Ich glaube nicht, dass es eine geordnete Auflösung der Krankenhäuser in Hilden und Haan gibt“, sagt er. Für ihn persönlich und für den Südkreis Mettmann sei das ein Drama – aber er selbst habe sofort nach der Bekanntgabe der Nachricht seine Fühler ausgestreckt. Eine Kollegin sei bereits am Donnerstagvormittag nach Wuppertal gefahren, um sich dort vorzustellen. Die komplette Abteilung soll dort ein Angebot bekommen haben. „Ich habe auch gehört, dass andere Abteilungen geschlossen ans Städtische Klinikum in Solingen wechseln werden“, sagt er. Er rechnet damit, dass spätestens in ein paar Wochen so viele Mitarbeiter gekündigt haben werden, dass der Betrieb in Hilden und Haan schwierig wird.

Der 48-Jährige selbst sagt, dass er wohl als einer der letzten Mitarbeiter das Krankenhaus verlassen werde, auch wenn er jetzt schon auf der Suche nach einem neuen Job ist: „Wir können doch jetzt nicht einfach alle gehen. Wir haben doch auch eine moralische Verpflichtung gegenüber den Menschen in Hilden und Haan.“