Im QQLit begegnen sich Rilke und Flamenco
„Lesung mit Musik“ ist erfolgreich gestartet. Peter Welk präsentierte einen neuen Rilke.
Hilden. Nietzsche hätte ihm vermutlich zur Peitsche geraten. Hatte der Philosoph die doch Rilke einst empfohlen, als der zum Weibe gehen wollte. Peter Welk hingegen hatte für seine Hommage an Rilke den Gitarristen Daniel Sommer im Schlepptau. Und so begegneten sich bei QQLit diesmal „Rilke und Flamenco“ — eine ungewohnte Mischung für die meisten Rilke-Liebhaber, die ihr literarisches Idol eher als Schwerenöter kennen.
Davon jedoch wollte Welk nichts wissen. Als kongenialer Schauspieler siedelte er seinen Protagonisten gleich zu Beginn mitten im spanischen Stierkampf-Getümmel an. „Die Bilder haben Rilke innerlich fertig gemacht“, glaubt der Rilke-Erklärer zu wissen. Alles andere wäre wohl auch ein Schlag ins Kontor derjenigen gewesen, die mit dem so sensiblen Dichter üblicherweise ihre dunkelsten Stunden teilen. Deshalb durfte auch keinesfalls das hier im Oeuvre des Rezitators fehlen: „Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns“.
Ja genau, das ist es, was wir vom Meister des literarischen Todes hören wollen. Und auch Peter Welk weiß: „Niemand ist so mit dem Tod umgegangen wie Rilke.“ Wenn der Dichter hingegen angefangen habe, von kirchlichen Dingen zu faseln, könne er selbst das nur schwer ertragen. Hatte der Meister hingegen gute Tage und Nächte — und davon habe es viele gegeben — so sei er anbetungswürdig. Allerdings habe Rilke selbst auch dann noch den Poeten gegeben, wenn ihm jegliche Eingebung abgegangen sei. Dazu habe er inmitten des Nichtstuns zwanghaft so getan, als sei er in Arbeit versunken.
Und dann noch diese bleierne Humorlosigkeit, die ihn zuweilen umfangen habe. Oh je, welch unromantische Enthüllungen, die einen hätten desillusioniert zurücklassen können. Wäre da nicht das wunderbare Geständnis des Rezitators gewesen, für so manchen Rilke-Vers den guten Goethe liegenzulassen.
Ach ja, ein Vorleser sei er ohnehin nicht, ließ Peter Welk beim kurzen Plausch hinter den Kulissen wissen. In einer Reihe mit Lutz Görner, der sich mit seinen „dichterischen Dienstleistungen aller Art“ augenscheinlich auch schon an Rilke versucht hatte? Um Himmelswillen, nein. In der Branche seien einfach zu viele Amateure unterwegs.
Wagt sich hingegen ein Schauspieler an die Poesie, so kommt offensichtlich etwas herrlich Unterhaltsames dabei heraus. Und das auch noch wunderbar in Szene gesetzt von Flamenco-Klängen eines Gitarristen, der offenbar gut damit leben konnte, die eigentlichen Pausen musikalisch zu inszenieren.
Den Zuhörern jedenfalls dürfte es gefallen haben. „Lesung mit Musik am Sonntagnachmittag — das ist eine gute Idee“, fand Stephanie Schmidt. Das sahen offenbar auch die anderen 30 Besucher so, die zum Auftakt der Literaturreihe bei QQTec gekommen waren. „Wir wollten spazierengehen und sind dann hier gelandet“, freute sich Sefika Gümüs über einen heiteren Ausflug ins Literarische. Für Helmut Stein, der mit QQLit ein weiteres Kulturangebot unter dem Dach seiner QQTec-Kreativschmiede an der Forststraße beheimatet, dürfte es genug Ansporn sein, um damit unbedingt weiterzumachen.