Kreisbehörde soll die Haaner Millionen-Panne aufarbeiten

Einstimmig hat der Hauptausschuss gestern beschlossen, dass das Rechnungsprüfungsamt des Kreises das Organisationsdebakel in der Verwaltung der Gartenstadt aufklären soll.

Foto: Staschik

Haan. So großes Interesse an politischen Beratungen wie gestern Abend ist selten. Im Sitzungssaal des Rathauses gab es keine Stehplätze mehr. Gut 30 Bürger wollten sich die erste öffentliche Aussprache über die Millionen-Panne im Haaner Rathaus nicht entgehen lassen. Jahrzehnte waren die Gebühren für Rettungsdienst und Krankentransport nicht angepasst worden. Der Schaden für die Stadt allein von 2011 bis 2014 beträgt rund 1,76 Millionen Euro, hat das Rechnungsprüfungsamt (RPA) des Kreises im Auftrag der Stadt festgestellt. Die neue Bürgermeisterin Dr. Bettina Warnecke machte in der ersten von ihr geleiteten Sitzung deutlich, dass sie offenbar einiges anders machen will als ihr Vorgänger.

„Wegen des großen öffentlichen Interesses“ schlug Warnecke vor, die Tagesordnung zu ändern. Wichtiges sollte an den Anfang geholt, Nichtöffentliches öffentlich behandelt werden. Alle Fraktionen stimmten zu. Das RPA des Kreises Mettmann soll jetzt die Jahre 2009 und 2010 unter die Lupe nehmen und klären: Seit wann waren die Gebühren nicht mehr kostendeckend? Wie hoch ist der Schaden? Wer hätte wann etwas wissen müssen oder können? Wer hat wann etwas getan oder unterlassen? Alle Fraktionen stimmten dem Prüfauftrag der Bürgermeisterin einstimmig zu. Das Ergebnis soll in einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vorgestellt werden — so schnell wie möglich.

Ebenso einstimmig wurden neue Gebühren für den Rettungsdienst und Krankentransport beschlossen. Sie treten zum 1. Dezember in Kraft. Dabei kam zweierlei zu Tage: Die Gebührensatzung ist nicht 25, sondern 35 (!) Jahre lang nicht angepasst worden. Bei der Währungsumstellung waren nur die Beträge von Mark in Euro umgerechnet worden, so das Kreis-RPA. Die neue Gebührensatzung sollte laut Haaner Haushaltsentwurf zum 1. Juni in Kraft treten. Sie hätte im Haupt- und Finanzausschuss am 1. September beschlossen werden können. Dann hätte die Stadt Haan zwei Monate früher kostendeckende Gebühren bei Krankentransport und Rettungsdienst nehmen können, sagte Harald Giebels (CDU) und fragte, warum dies nicht geschehen sei. Die Antwort deutete er selbst an: die Bürgermeister-Wahl am 13. September. Wenn die neue Gebührensatzung am 1. September vorgelegen hätte, wäre möglicherweise aufgefallen, dass sich die Beträge teils verdreifacht haben. Das hätte sicherlich Fragen aufgeworfen — und Kandidat Bürgermeister Knut vom Bovert zweifellos den möglichen Wahlsieg gekostet. Wurde deshalb die neue Gebührensatzung bewusst „zurückgehalten“?

Auf jeden Fall wurde das offensichtliche Organisationsversagen der Verwaltung erst nach Knut vom Boverts Ausscheiden bekannt. Fest steht: Bei den Vorgängen trägt er gleich doppelt Verantwortung: als Verwaltungschef und als zuständiger Dezernatsleiter. Alle Fraktionen sind sich einig: Es müsse alles getan werden, damit sich so etwas nicht wiederholen kann. Man wolle alles „unaufgeregt aufklären“ und dann die nötigen Konsequenzen ziehen, sagte Rainer Wetterau (CDU).