Mehr Platz für Radfahrer auf den Straßen

Ein Verkehrsgutachter präsentierte jetzt Bürgern und Politiker sein Handlungskonzept für den Rad- und Fußgängerverkehr in Haan.

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Haan. Nur rund vier Prozent aller täglichen Wege in Haan werden per Fahrrad zurückgelegt. Damit bleibe der Radverkehrsanteil „weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, stellt Verkehrsgutachter Hans-Rainer Runge fest. Im Kreis Mettmann werden sieben Prozent der Wege, im Bundesschnitt zehn Prozent mit dem Fahrrad zurückgelegt; in Städten mit optimaler Infrastruktur sogar mehr als 20 Prozent. Gerade mit Blick auf die stetig steigenden Verkaufszahlen von E-Bikes sei die bewegte Topografie immer weniger ein Argument gegen das Radeln. Gut zwei Dutzend Bürger hörten sich Donnerstagabend in der Aula des Schulzentrums den Vortrag Runges- und seiner Mitarbeiterin Petra Dröger an, die im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplans ein Handlungskonzept für den Rad- und Fußgängerverkehr erstellt hatten.

Für Fußgänger sollen Barrieren abgebaut und die Straßenräume zu Aufenthaltsräumen werden. Das Fahrrad will Runge stärker für den Alltagsverkehr — Fahrten zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz oder zum Einkaufen — aktivieren. Der Schülerverkehr bildet das größte Potenzial für den Radverkehr. Erstaunlich: 37 Prozent aller Gymnasiasten kommen mit dem Rad zur Adlerstraße, aber nur fünf Prozent der Schüler am Schulzentrum Walder Straße. Ein Mehr an Radkilometern helfe Kindern gegen die „körperliche Verwahrlosung“, konstatierte eine Sportlehrerin im Publikum, die Haan aktuell als „Diaspora des Fahrradfahrens“ bewertete.

Das führt Runge unter anderem zurück auf die fehlenden attraktiven — und genügend sicheren — Radwege. Gerade im Bereich der Stadtmitte herrscht hier ein Mangel und muss eine Menge getan werden, um die Bürger in den Sattel zu locken. Auf dem Straßenzug der Bundesstraße 228 wünscht sich der Verkehrsgutachter ein Radfahrstreifen von der Stadtgrenze bei den Stadtwerken bis zur Polnischen Mütze.

Wobei ihm klar ist, dass das nicht auf allen Teilstücken funktionieren wird. So gab es 2016 von Frühjahr bis zum Jahresende heftige Diskussionen um einen Radfahrstreifen entlang der Bahnhofstraße — zwischen Böttinger- und Kölner Straße. Am Ende lehnte die Mehrheit diese Markierung ab. Allerdings wird sich in diesem Teilstück noch im Jahresverlauf einiges ändern: Tiefbauamtsleiter Guido Mering erklärte, 2018 werde der Bürgersteig erneuert und dann auch das Parken nur noch auf der Straße zugelassen. Heute engen parkende Fahrzeuge den Bürgersteig zum Teil so stark ein, dass ein älterer Mensch mit Rollator oder eine Mutter mit Kinderwagen kaum zwischen Karosse und Hausmauer hindurchpassen, wie Karlo Sattler vom Seniorenbeirat anmerkte.

„Das Fahrrad muss einen höheren Stellenwert in der Planung erreichen“, forderte der Verkehrsgutachter. Dies gerade mit Blick auf die Hauptstraßen. Weil die meisten der vorhandenen kombinierten Geh- und Radwege nicht mehr konform zur Straßenverkehrsordnung sind — oft nur ein Meter statt der nötigen mindestens 1,25 Meter breit — möchte Runge vom Gebot wegkommen, das Radler eigentlich zur Nutzung dieser Wege verpflichtet. Vielmehr sollen die Zweiräder auf die Fahrbahn — in den Sichtbereich der Autofahrer.

Die Gehwege könnten für Radfahrer freigegeben werden — als Option für unsichere Pedalritter. Entsprechend ist die Beschilderung zum Beispiel am Kreisverkehr Flurstraße/Ginsterweg oder an der unteren Düsseldorfer Straße verändert worden. Auf Straßen mit Tempo 30 gebe es generell kein Problem des Nebeneinanders. Denkbar sei auch, Einbahnstraßen wie die Goethestraße für einen Radverkehr in beide Fahrtrichtungen zu öffnen.

Runge verwies auf Radfahrplanungen im Umland. Da schaffe Düsseldorf eine Radroute von Neuss über Benrath nach Monheim. Hilden und Solingen hätten die Strecken verlängert bis zur Korkenziehertrasse. Der Gutachter riet dazu, die Bundesstraße 228 als Verbindung zwischen Hilden und Haan und durch die Gartenstadt zu entwickeln.

Ruhige Parallelrouten (etwa durch das Sandbachtal in die Stadtmitte) müssten bestimmte Standards erfüllen — 2,50 Meter Breite, beleuchtet, gepflegte Oberfläche, empfahl Runge. Nicht zuletzt seien auch Abstellmöglichkeiten für Räder nötig. Auch solche mit der Option, E-Bikes aufzuladen, ergänzte Charlotte Schmitz aus der Zuhörerrunde.

Auf Anfrage von Katrin Hoffmann (Unterhaan) versuchte Ratsherr Jörg Dürr sich an einem Zeitplan für das Konzept. Im Frühjahr wird der Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Verkehrsausschuss das Themenpaket beraten und vielleicht im Sommer das Konzept beschließen. Dann sei es möglich, erste Mittel zum Ausbau einzelner Teilstücke schon im Haushalt für 2019 zu finanzieren.