Musikschule Haan lädt ein Ex-Neonazi bei Holocaust-Gedenktag

Haan · Ein Interview mit Deradikalisierungs-Coach Philipp Schlaffer, der einst zur Neonazi-Szene gehörte, ist Teil der Holocaust-Gedenkveranstaltung der Musikschule.

Wohl kaum ein Thema hat in der jüngeren Vergangenheit für mehr Verschwörungstheorien gesorgt, als die angeordneten Corona-Beschränkungen. Das Bild zeigt eine Demo der „Querdenken“-Initiative auf den Rheinwiesen.

Foto: dpa/Jonas Güttler

„Man sagt, am Ende triumphiere die Wahrheit, aber das ist nicht wahr.“ dieses berühmte Zitat von Anton Tschechow bildet die Überschrift einer Gedenkveranstaltung, zu der die Musikschule in Kooperation mit der Stadt Haan und der Volkshochschule für Sonntag, 29. Januar (17 Uhr), ins Forum Dieker Carré (Dieker Straße 69) einlädt. Anlass ist der internationale Holocaustgedenktag.

Am 27. Januar 1945 wurden das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und die beiden weiteren Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit 1996 gilt der 27. Januar als bundesweiter und seit 2005 auch als internationaler Tag des Gedenkens.

Haaner Musikschule und die VHS organisieren die Veranstaltung

Seit mehr als zwei Jahrzehnten organisiert die Haaner Musikschule alljährlich zu diesem besonderen Datum Konzerte gegen das Vergessen. Die Tradition begann 1999, als sich Schüler über die Kinderoper „Brundibár“ mit dem Thema Holocaust auseinandergesetzt hatten. Im dritten Jahr ist nunmehr auch die VHS bei dieser offiziellen Veranstaltung mit von der Partie.

In diesem Jahr geht es vor allem um das Thema „Verschwörungstheorien“, das in verschiedenen Programmpunkten aufgegriffen wird: Unter anderem präsentieren die Organisatoren ein Interview mit dem ehemaligen Neonazi und verurteilten Straftäter Philipp Schlaffer, der seit seinem Ausstieg aus der rechtsextremen Szene sowie der Abkehr vom kriminellen Rocker-Milieu als Anti-Gewalt- und Deradikalisierungstrainer arbeitet. Außerdem gibt es ein Podiumsgespräch mit dem Antisemetismusforscher der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Alexander Friedmann, sowie natürlich mehrere musikalische Beiträge.

In der Einladung heißt es zum Thema der Veranstaltung wörtlich: „,Wir sind die Guten‘ – wer würde da widersprechen? Niemand, der sich selbst offen als böse bezeichnet, könnte ernst-, und dauerhaft politischen oder gesellschaftlichen Einfluss ausüben. Die Bösen – das sind die Anderen. Wie praktisch, wenn ,die Anderen‘ nicht nur böse, sondern auch noch gut organisiert, vernetzt und mächtig sind. Ein schier übermächtiger Gegner setzt in den selbsterklärt Rechtschaffenen Emotionen frei. Angst, Wut und das Gefühl, der eigentlichen Wahrheit auf der Spur zu sein, sind Tasten auf der Klaviatur derer, die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbreiten wollen. Wurde dem Verschwörer die Maske vom Gesicht gerissen, fällt der Schritt in die verbale oder körperliche Gewalt leichter.“

Antisemitismus, so betonen die Veranstalter weiter, „ist eine Verschwörungstheorie, vielleicht sogar ihr Urtyp. Ohne das Narrativ der jüdischen Weltverschwörung ist die Popularität antisemitischer Klischees bis in unsere Zeit kaum vorstellbar“. Verschwörungstheorien seien nicht einfach skurrile und lustige Fantasien gesellschaftlicher Außenseiter – „sie sind gefährlich. Und im 21. Jahrhundert so verbreitet, wie nie zuvor“.

Der Eintritt zur Gedenkveranstaltung ist frei. Die Musikschule bittet aber um Anmeldung über: