Projekt "Ü 85": Senioren sind „gut sortiert“
Durch das Projekt „Ü 85“ gibt es inzwischen regelmäßige Kontakte zu den Hochbetagten.
Hilden. Die Mitarbeiter im Sozialamt trauten ihren Augen nicht, als sie im vergangenen Sommer die Post durchsahen. Eine Briefflut war auf ihren Schreibtischen gelandet — abgesendet von Hildens Senioren. Die reagierten damit auf die Fragebogen-Aktion, die die Stadt wenige Tage zuvor gestartet hatte (die WZ berichtete). Über die Ergebnisse der Aktion sprach die WZ mit Sozialamtsmitarbeiterin Sabine Hauck.
Insgesamt 890 Senioren jenseits der 85 Jahre, die noch zu Hause wohnen, hatten die Fragebögen erhalten. Darin wollte das Sozialamt wissen, ob sie alleine oder in einer häuslichen Gemeinschaft mit Familienangehörigen leben — und ob sie vielleicht einen Hausbesuch wünschen.
„Die Resonanz war überwältigend“, sagt Hauck. „Schon im ersten Anlauf erhielten wir 450 Fragebögen zurück — nicht nur beantwortet, sondern zusätzlich mit vielen netten Zeilen versehen. Die alten Herrschaften waren einfach dankbar, dass sich jemand um sie kümmert und sich für ihre Interessen und Bedürfnisse einsetzt.“
In einem zweiten Schwung — Sabine Hauck hatte an diejenigen, die sich bis dato noch nicht gemeldet hatten, eine Erinnerung geschickt — kamen noch einmal 310 Rückläufe. „Also bleiben gerade einmal 130 Senioren, die sich bisher nicht gerührt haben“, sagt die Sozialamtsmitarbeiterin, die die Hoffnung nicht aufgibt, auch diese Senioren irgendwann zu erreichen.
Unterm Strich, so Hauck, seien Hildens Senioren „überdurchschnittlich gut sortiert“. Viele leben zwar völlig alleine, versorgen sich aber weitestgehend selbst und werden — falls nötig — durch einen häuslichen Pflegedienst unterstützt. „Nichtsdestotrotz waren sie froh, als wir uns bei ihnen gemeldet haben“, sagt Hauck.
Auf offene Türen stießen und stoßen die Mitarbeiterinnen des Sozialamts bei den insgesamt 100 Senioren, die sich für einen Hausbesuch interessierten. „Bei einigen blieb es bei einer einmaligen Visite. Sie waren einfach nur neugierig und freuten sich über den Besuch. Andere wiederum stehen seitdem in ständigem Kontakt mit uns“, sagt Hauck. Mit ihnen werden zum Beispiel Pflegestufen beantragt, Wohnberatungsgespräche geführt oder Kontakte zu Begegnungs- und Freizeitstätten geknüpft — alles völlig kostenlos.
Der Erfolg, den Hilden mit dem Projekt „Ü 85“ feiert, hat sich inzwischen herumgesprochen. So fragte bereits das Düsseldorfer Sozialamt nach und wollte wissen, welches tolle Rezept dahintersteckt. In der Landeshauptstadt war eine ähnliche Aktion mangels Resonanz nämlich im Sande verlaufen. „Vielleicht liegt es ja daran, dass unsere Aktion für die alten Leute keinen bitteren Beigeschmack hat“, sagt Hauck: „Uns ist es tatsächlich gelungen, Vertrauen zu wecken.“