Chef und Stimme des Traditionskaufhauses in Hilden Schnatenberg schätzt das Familienglück

Hilden · Die Stimme des einstigen Traditionskaufhauses an der Mittelstraße ist leiser geworden. Rolf Schnatenberg genießt den Ruhestand und ein glückliches Familienleben.

Rolf Schnatenberg ist für eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ immer zu haben.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Seine Stimme ist mit Sicherheit noch vielen, besonders den älteren Menschen in Hilden im Ohr: Wenn Rolf Schnatenberg, Eigner des gleichnamigen Kaufhauses im Zentrum der Mittelstraße Sonderangebote zu bieten hatte, dann war das fast ein Kult – und manchmal – wie er heute im heimischen Wohnzimmer zugibt, durchaus auch als Konkurrenz zu anderen Mitbewerbern in Hilden zu verstehen gewesen.

Heute ist der ehemals erfolgreiche Unternehmer etwas ruhiger geworden. Das hat weniger mit dem Alter (er wurde in letzten Jahr 71), dafür aber mit seiner Erkrankung zu tun. Seit über 17 Jahren lebt er mit Parkinson. Statt sich der schleichenden Nervenerkrankung zu ergeben, entschied sich Schnatenberg vor zehn Jahren zu einem radikalen Schnitt. Er riskierte eine damals sehr fortschrittliche Operation, bei der ihm in Göttingen von Spezialisten eine Art Schrittmacher ins Gehirn implantiert wurde.

Nur zwei kleine „Beulen“ auf seinem Kopf zeugen davon. Heute sagt er: „Das würde ich jeder Zeit wieder machen.“ Inzwischen wurde in der Uni-Klinik Düsseldorf der zweite Akku, der im Brustkorb sitzt, und für die Stimulation der Gehirnregionen sorgt, ausgetauscht. „Man muss aber selber herausfinden, was einem gut tut“, sagt Schnatenberg.

Statt 20 Tabletten täglich helfen ihm heute sieben bis acht. Und natürlich seine Disziplin. Wenn nicht gerade winterliche Temperaturen in Hilden herrschen, fährt der Mann Dreirad – mit Einzelradaufhängung. Eigenhändig und mit eigenem Bein-Antrieb. „Ich habe vor 17 Jahren mein Auto verkauft. Mir dafür ein Spezial-Rad mit erhöhtem Sitz gekauft. Ich dürfte zwar noch Auto fahren, aber ich wollte nicht mehr.“ Der Verzicht sei ihm schon schwer gefallen, gibt er zu.

Schnatenberg war einer der größen Einzelhändler

Wer den bekannten Hildener halb liegend, mit Helm auf dem Kopf und immer einem Lächeln im Gesicht in der Fußgängerzone in die Pedalen treten sieht, kann verstehen, dass ihn die Heimatstadt immer noch bewegt. Ansonsten gibt es noch einen sehr hilfsbereiten Taxifahrer, der ihn fährt.

Der erfolgreiche Kaufmann vergangener Tage blickt heute im gepflegten Wohnzimmer seines Hauses im Hildener Süden nicht wehmütig auf die Vergangenheit zurück. Im Gegenteil: „Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir von der Firma Falke 1000 Paar Socken abgenommen hatten. Die haben mich damals alle für verrückt erklärt.“ Schnatenberg war einer der größten Einzelhändler und brachte den großen Posten Fußbekleidung natürlich an den Mann (und die Frau).

Beim Einkauf von Bettwäsche musste er sich gegen Strauss durchsetzen. Da half den Kunden dann oft seine persönliche Lautsprecher-Empfehlung bei der Entscheidung. Heute hat der gelernte Kaufmann, der in vierter Generation am 1. Januar 1983 in die Geschäftsleitung des Familienbetriebs eintrat, eine kritische Meinung zum Handel auf der Mittelstraße. Zu viele Filialisten prägten das Bild: „Noch mehr Mobilfunkläden und Nagelstudios brauchen wir nicht.“

Nach der Geschäftsaufgabe 2004 hatte Rolf Schnatenberg keine Langeweile: Er ist nach wie vor Mitglied im Einzelhandelsverband Mettmann, engagiert im Kirchenvorstand und ist Lions-Club-Mitglied. Beim Verkauf des Adventskalenders im vergangenen Jahr werden ihn viele vermisst haben. „Das schaffe ich nicht mehr. Da müssen dann auch mal die Jüngeren ran.“ Krankheitsbedingt hat Schnatenberg jahrelang eine Selbsthilfegruppe für Parkinson-Patienten beim HAT besucht. Mittlerweile macht es ihm viel Freude, regelmäßig in der Tagespflege des Seniorenheims am Fliederweg einzukehren: „Da kennen mich so viele. Das schmeichelt mir natürlich noch heute, über 18 Jahre nach Geschäftsschließung.“

Barbara, die Frau an seiner Seite und Mutter der drei Kinder sowie Großmutter von vier Enkeln, unterstützt ihren Mann, wo sie nur kann. Ob bei Fitness-Runden, die er inzwischen mit dem Rollator dreht oder beim Shuttle zu einer Physio-Therapie: Die Schnatenbergs sind ein tolles Team. Die zwei Söhne und eine Tochter wohnen in der Nähe. Insgesamt vier Enkel vervollständigen das Familienglück. Manchmal per Handy: „Das haben sie mir als erstes erklärt.“, lacht der Opa. So kann man immer Kontakt halten, oder – noch besser – bei Schnatenbergs persönlich vorbei schauen. Für einen netten Plausch oder eine Runde „Mensch ärgere Dich nicht“ hat der Senior immer Zeit.