Ruhe im Pfarrhaus gefunden
Eine syrische Flüchtlingsfamilie hat sich im Haaner Pfarrhaus gut eingelebt.
Haan. Die syrische Flüchtlingsfamilie hat sich im Haaner Pfarrhaus gut eingelebt. Hier finden Erwachsene wie Kinder Sicherheit und Ruhe — und dank vieler ehrenamtlicher Helfer breite Unterstützung. Von Alexandra Rüttgen Haan Johan hat eine wichtige Aufgabe. Der Neunjährige kann schon so gut Deutsch, dass er für seine Familie die Rolle des Dolmetschers übernommen hat.
Mit funkelnden Augen hört der pfiffige kleine Junge zu und übersetzt das Gesagte dann für seine Eltern, seine Großeltern und seinen sieben Jahre alten Bruder Christian ins Arabische. Auch Erwachsenenfragen, solche nach Gefühlen oder Politik, auch wenn er sie nicht immer richtig versteht und dann die Stirn runzelt. Wenn er antwortet, dann berichtet er von Erlebnissen, die dem Zuhörer den Atem stocken lassen. Den Krieg bekamen er und seine Familie hautnah mit. Im Keller auf das Ende der Angriffe wartend hörten sie, wie Raketen in ihrem Viertel einschlugen. Ein Irrläufer war einmal in seinem Klassenzimmer gelandet, erzählt Johan. Gottlob wurde niemand verletzt. Doch die tödlichen Folgen des Krieges trafen auch seine Familie. „Vor einem Monat wurde mein Onkel in einem Bus erschossen“, sagt Johan, und seine großen, braunen Augen weiten sich.
Der Lebensalltag war vor allem für die Kinder mit großen Einschränkungen verbunden. „Wir hatten keinen Strom in Syrien“, erzählt der kleine Junge. Und wenn überhaupt, dann durften sie am Tag höchstens für ein bis zwei Stunden das Haus verlassen. Denn neben dem Krieg herrschte auch Angst vor Verfolgung.
Johan, Christian und ihre Eltern Anni und Karam sind Christen und hatten ständig Sorge vor gewalttätigen Übergriffen. Als sie schließlich mit Großvater Bochos und Großmutter Nariman beschlossen, zu flüchten, „da hat es einen Monat gedauert, bis wir Plätze in einem Flugzeug bekamen“. Immerhin hatten sie das Geld dafür. Vater Karam ist Automechaniker, Mutter Anni Lehrerin für Kunst und Hauswirtschaftskunde. Die Großeltern sind Landwirte. Vater, Sohn und Großeltern folgten auf die Mutter, die mit Johan bereits vor einem halben Jahr nach Deutschland gekommen war.
Im Pfarrheim der katholischen Gemeinde St. Chrysanthus und Daria hat die Familie mit sechs Personen nun eine neue Zuflucht gefunden. Vier schöne und helle Zimmer, Küche, Diele und Bad stehen ihnen zur Verfügung, alles blitzsauber und mit dem Nötigen ausgestattet. Sie sind damit direkte Nachbarn von Pfarrer Reinhard Nieswandt, der im Erdgeschoss lebt. Er freut sich über das Leben im Haus und hat schon ein paar arabische Worte gelernt. „Kefalik“ zum Beispiel, was so viel bedeutet wie „Wie geht es dir?“ „Das frage ich schon mal öfter“, sagt Nieswandt. Die Familie hat sich sehr gut eingelebt.“ arue