Schulen und Firmen lernen voneinander
Personalleiter der Unternehmen unterstützen die Lehrer bei der Formulierung von Textaufgaben für den Unterricht.
Haan. Warum hält sich das Vorurteil vom dummen Schüler so hartnäckig, wenn Lernstandserhebungen das Gegenteil belegen? Warum scheitern so viele Schüler bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz schon bei der Bewerbung, spätestens aber beim Eignungstest?
"Es war klar, dass da irgend etwas nicht funktioniert", sagt Barbara Wachsmann von der Praktikums- und Lernpartnerbörse: "Und dem wollten wir auf den Grund gehen."
Zum dritten Runden Tisch des Haaner Ausbildungsmodells holten sie und ihre Mitstreiter, unter anderem Petra Raabe und Jürgen Simon von der städtischen Wirtschaftsförderung, wieder Vertreter von Unternehmen sowie die Leiter aller weiterführenden Schulen an einen Tisch. "Das war ein großer Erfolg", sind sich die Teilnehmer einig.
"Wir haben den Unternehmern zum Beispiel mit Erlaubnis der Bezirksregierung die zentralen Abschlussprüfungen nach Klasse10 gezeigt. Sie waren total begeistert", sagt Wachsmann: "Wenn die Schüler dieses Wissen mitbringen würden, sei dies genau das, was sie brauchen würden."
Aber: Wenn sich Haupt- und Realschüler um einen Ausbildungsplatz bewerben, legen sie ihr oft schlechtes Zeugnis der Klasse 9 vor. "Dann haben sie aber noch nicht begriffen, wie wichtig die Noten sind", sagt Wachsmann. Das kommt erst in der zehnten Klasse, dann verbessern sich zwei Drittel der Schüler noch um eine ganze Note.
Neu war den Unternehmern auch, dass die Schüler zum Beispiel die mathematischen Fähigkeiten zur Anwendung des Dreisatzes beherrschen, aber mit den Begrifflichkeiten und der Sprache in den Eignungstests überfordert sind.
Simon: "Den Schülern fehlt die Sprachkompetenz, um die Textaufgabe verstehen zu können. Rechnen können sie eigentlich. Deshalb wollen die Personalleiter jetzt Aufgaben formulieren, die in den Unterricht einfließen können."
Einstimmig bedauerten die Unternehmer die von der rot-grünen Landesregierung beschlossene Abschaffung der Kopfnoten. "Denn wer zum Beispiel im Sozialverhalten nur die Note befriedigend erhalten hat, wird erst gar nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen", sagt Simon.
Deshalb haben die Haaner Schulleiter den anwesenden Unternehmensvertretern zugesichert, auf freiwilliger Basis entsprechende Hinweise zum Sozialverhalten auf den Abschlusszeugnissen zu vermerken.
Insgesamt haben sich die Teilnehmer des Runden Tisches auf 19 Maßnahmen geeinigt. "So einen Austausch gibt es in anderen Städten nicht", sagt Simon: "Aber das liegt auch daran, dass wir hier sowohl sehr engagierte Schulleiter als auch sehr engagierte Unternehmer haben."
Inzwischen würden sich zahlreiche Schüler aus Hilden und Solingen bei Haaner Firmen um ein Praktikum bewerben. "Es hat sich herumgesprochen, dass die Haaner Unternehmen sehr offen für die Berufsqualifizierung sind", sagt Simon nicht ohne Stolz.