So liegen Babys gut im Tragetuch
Die Haanerin Birthe Müller-Rosenau berät Mütter und Väter, wie sie ihre Kinder richtig vor den Bauch oder auf den Rücken binden.
Haan. Tim und seine Mutter sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Ein paar Handgriffe genügen, schon liegt der kleine Junge sicher eingewickelt an Mamas Rücken. Eine willkommene Pause nach seiner Entdeckungstour auf zwei Beinen. Jetzt kann er das Geschehen von ganz oben weiter beobachten. Und dass sich seine Augen dann doch schon bald schließen, zeigt: Im Tragetuch fühlt Tim sich wohl.
Die Haanerin Birthe Müller-Rosenau bietet jetzt einen ungewöhnlichen Service an: Sie berät junge Mütter, wie sie ihre Kinder schonend in einem Tragetuch vor dem Bauch oder auf dem Rücken transportieren können. Die Mutter von drei Kindern hat dazu eigens ein Seminar absolviert: „Ein paar grundsätzliche Regeln zum Tragen gibt es schon“, weiß sie. Oft beobachtet sie „viel Unwissenheit, manches davon ist sogar gesundheitsschädigend.“
Tragetuch statt Kinderwagen — das liegt offenbar im Trend. Das bestätigt auch die Solinger Hebamme Lucia Nardella. Sie gehört zu einer Praxisgemeinschaft für Hebammen, die unter anderem auch für Haan und Hilden zuständig sind. In ihrem Auftrag gibt die Haanerin Birthe Müller-Rosenau seit Anfang Juni jetzt auch in Solingen Trageseminare. „Immer mehr Eltern fragen danach, und wir haben keine Zeit, auch noch eine solche Beratung mitzumachen“, erzählt Lucia Nardella. „Die Kinder wollen getragen werden“, das hat auch die Hebamme beobachtet. „Und wenn die Eltern das machen, dann sollten sie das auch richtig tun.“
Aber was bitteschön ist beim Tragen so knifflig? Die medizinischen und physiologischen Hintergründe musste auch Birthe Müller-Rosenau sich erst aneignen. So muss beim Tragen zum Beispiel die so genannte „Anhock-Spreiz-Stellung“ berücksichtig werden. „Sie sollten auf keinen Fall überspreizt werden. Aber viele wissen das gar nicht“, sagt die Haanerin. Doch wie muss das Kind angelegt werden? Welches Tuch ist geeignet? „Der Markt ist riesig“, sagt Müller-Rosenau. Und auch Hebamme Lucia Nardella hat beobachtet, dass „sich viele Eltern einfach irgendwelche Systeme kaufen und dann damit nicht klar kommen“. Dann ist der Verlust mitunter groß, denn ein Tragetuch kann bis zu 200 Euro kosten, weiß Müller-Rosenau.
Eine der Frauen, die die Haanerin bereits beraten hat, ist Klaudia Margull. Sie hat fünf Jahre alte Zwillinge und die gut ein Jahr alte Johanna, „und ich bin viel unterwegs“, erzählt sie. Nach der Trageberatung „brauche ich nun nicht mehr den Kinderwagen mitzunehmen. Ich kann Johanna tragen und habe trotzdem die Hände frei. Eine praktische Sache“, sagt die 38-Jährige. Natürlich gebe es auch im Internet Videos zum Thema. „Aber eine Beratung ist schon etwas anderes. Es hat sich gelohnt.“
40 Euro berechnet Birthe Müller-Rosenau für eine Stunde Trageberatung, die in der Regel zwischen einer und eineinhalb Stunden dauert. Gibt es eigentlich auch Männer, die ihre Kinder gerne tragen statt im Kinderwagen vor sich herschieben wollen? Ja, auch die gibt es, antwortet sie. „Aber die nehmen statt eines Tuchs lieber eine Tragehilfe“, hat sie beobachtet — also eine Art Rucksack. Auch sie selbst schätzt die Freiheiten, die das Tragen ihrer eigenen Kinder ihr gibt — daher hat sie ihre Agentur „Trageberatung Freihand“ genannt. „So kann ich auch im Haushalt mal etwas erledigen, und meine Kinder sind bei mir“, erzählt sie. Der anderthalbjährige Tim weiß das zu schätzen. Er ist an Mamas Rücken längst eingeschlafen . . .