Eltern aus Hilden sind enttäuscht Diskussion um Schulanmeldungen

Hilden · Deutlich mehr Kinder als sonst werden 2022 eingeschult. Aus diesem Grund kann die Stadt nicht allen i-Dötzchen ihren Schulwunsch erfüllen. Im Hildener Süden befürchten Eltern, dass ihre Kinder einen bis zu zwei Kilometer langen Schulweg haben.

Sie sind unzufrieden mit der Einschul-Situation im Hildener Süden (vorne, von links): Naida (5), Mama Amira Serifovic und Anisa (3) sowie viele andere Eltern, die von der Stadt enttäuscht sind.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Enttäuscht, verzweifelt – so fühlen sich derzeit die Eltern vieler Kinder aus dem Hildener Süden. Grund dafür ist die Anmelde-Situation an den Grundschulen. Da 2022 deutlich mehr Kinder als in durchschnittlichen Jahren eingeschult werden, kann die Stadt nicht alle Wünsche berücksichtigen. Nun befürchten Eltern, dass ihre Kinder einen bis zu zwei Kilometer langen Schulweg haben werden – und das, obwohl ihrer Ansicht nach das ganze Problem mit der Einrichtung einer zusätzlichen Klasse an der Astrid-Lindgren-Schule behoben werden könnte. Doch die Stadt sieht das anders.

Wie ist die Lage?

In Hilden gibt es im kommenden Schuljahr deutlich mehr i-Dötzchen als in den Vorjahren. Zum Schulstart 2021 waren es 472, kommendes Jahr sind es 518. Dabei stellt die Stadt eine Ballung im Hildener Süden fest – dort werden laut Verwaltung 23 Kinder mehr als im vergangenen Jahr eingeschult. Im Süden gibt es die Wilhelm-Busch- (WBS) und die Astrid-Lindgren-Schule (ALS), beide mit einem Hauptsitz an der Verlach und einer Dependance an der Richrather Straße. Die ALS ist zweizügig angelegt, die WBS dreizügig.

Wo liegt das Problem?

Laut den betroffenen Eltern haben sich für die fünf 1. Klassen der beiden Schulen 180 Kinder angemeldet – mehr, als am Ende genommen werden können. Selbst wenn 30 Kinder pro Klasse eingeschult werden, müssten am Ende 30 Kinder abgelehnt werden. Einige haben auch bereits die Absage erhalten. Seit dem Wegfall der Schulbezirke können Eltern ihre Kinder in allen Schulen Hildens anmelden. Wichtig: Wenn mehr Kinder angemeldet werden, als Plätze zur Verfügung stehen, entscheidet die Schulleitung nach einem Kriterienkatalog über die Aufnahme. Beim Punkt Wohnortnähe ist aber nur der Hauptstandort ausschlaggebend. Es kann also beispielsweise passieren, dass ein Kind nur ein paar Meter zum Nebenstandort der WBS an der Richrather Straße 200 laufen müsste – am Ende aber der Grundschule an der Schulstraße zugeteilt wird, weil der Wohnort näher an der Schulstraße liegt. Hinzukommt, dass die katholische ALS vorzugsweise katholisch getaufte Kinder aufnimmt.

Wie könnte die Lösung aussehen?

Das sagen die Eltern: Alle Probleme könnten gelöst werden, wenn eine zusätzliche Klasse an der ALS eingerichtet wird. Dort seien Räumlichkeiten und Personal verfügbar. Die Stadt verweist auf den Schulentwicklungsplan (SEP), den Vertreter aus Verwaltung, aus Schule und Politik gemeinsam erarbeitet haben. Ziel des SEP ist es unter anderem, alle Schulstandorte zu sichern. Schuldezernent Sönke Eichner hat eine klare Meinung zu einer zusätzlichen, sogenannten Mehrklasse: „Der Einstieg in die Mehrklasse wäre der Ausstieg aus dem aktuellen SEP, mit allen Konsequenzen, die hinlänglich politisch diskutiert worden sind. Bisherige Bauplanungen oder Baufertigstellungen wären gegebenenfalls obsolet. Der Planungsansatz wäre erheblich beschädigt, die überwiegende Einheit der Schullandschaft könnte zerbrechen. Das Ergebnis wäre auch, hinter dem sich stetig wandelnden Elternwillen her zu bauen. Dies wäre nicht zu finanzieren“, erklärt er. Die Fachverwaltung beabsichtige, keinen Antrag zu stellen. „Es sei denn, sie bekäme einen Auftrag dazu.“ Die Bezirksregierung habe aber bereits signalisiert, dass auf eine Mehrklasse verzichtet werden soll. Denn sie dürfe nicht gebildet werden, wenn „die Aufnahmekapazitäten innerhalb der Schulen einer Schulform im Gebiet des Schulträgers nicht ausgeschöpft sind und damit durch die Mehrklassenbildung der Bestand einer oder mehrerer dieser Schulen gefährdet ist.“ Eine Mehrklassenbildung sei damit in Hilden schwierig umsetzbar, heißt es aus der Verwaltung mit Verweis auf das Landesschulgesetz.

Was befürchten Eltern?

Sie sorgen sich um ihre Kinder, die nun bis zu zwei Kilometer und mehr zu anderen Schulen laufen müssten, obwohl sie näher an anderen Schulen wohnten. Das Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ greife dann nicht mehr. Die Verwaltung erklärt, dass der überwiegende Teil der Schüler sehr wohl die nächst-gelegene Schule besuchen werde. „Die Komplexität des Schulgesetzes kann aber nicht jeden individuellen Einzelfall berücksichtigen. Das gilt vor allem für die Problematik der Haupt- und Nebenstandorte. Dieses Jahr sind leider etwas mehr betroffen“, erklärt Eichner.

Warum ist in diesem
Sonderfall keine
„rheinische Lösung“ möglich?

„Es geht nicht um Bürokratie oder ,good will’, sondern um rechtssicheres und planerisches Handeln. Andere Eltern könnten ja durchaus gegen so ein Vorgehen klagen“, erklärt Eichner. Und weiter: Schulwege deutlich unter zwei Kilometern sollten auch fußläufig zu bewältigen sein. Eltern könnten auch Fahr- oder Schülergemeinschaften bilden (Walkingbus). „Das Amt könnte da auch organisatorisch beraten. Allgemein hält man für Grundschüler bis zu 40 Minuten Schulweg für zumutbar“, so Eichner.

Wie geht es jetzt weiter?

Nun verschicken die Schulleitungen Zu- und Absagen, zunächst im Hildener Süden. Im Anschluss können die Eltern Widerspruch einlegen, und es soll weitere Gespräche mit Eltern geben, die den Wunschplatz nicht erhalten haben. „Abgewiesene Schülerinnen und Schüler können sich dann an der wohnortnächsten Schule anmelden. In Koordinierungsrunden werden entsprechende Zuteilungen der Schülerinnen und Schüler vorgenommen. Erster Aspekt: Wohnortnah“, erklärt die Stadt. Dann folgten weitere Zu- und Absagen, „angefangen bei den Schulen, bei denen die vorhandenen Kapazitäten durch wohnortnahe Schülerinnen und Schüler erschöpft sind – es folgt ein strukturierter Verschiebeprozess.“ Eine Mehrklasse werde wahrscheinlich nicht gebildet, unmöglich sei sie jedoch nicht. „Generell ist eine Mehrklassenbildung sehr fraglich, aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen. Der Schulträger würde – wenn es dazu kommen sollte – die Wilhelm-Busch-Schule auswählen.“