Hilden Das Ringen um die Besetzung von Rathaus-Stellen in Hilden geht weiter
Hilden · Eine Organisationsuntersuchung belegt, dass in der Stadtverwaltung rund sieben Stellen (Vollzeit-Äquivalente) fehlen. SPD und CDU haben jetzt erneut die Freigabe vertagt. Wir erklären, um was es dabei geht.
Die Stadtverwaltung Hilden beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter. Die Personalkosten machen mit rund 55 Millionen Euro den Löwenanteil der städtischen Aufwendungen in diesem Jahr (187,5 Millionen Euro) aus. Und sie steigen Jahr für Jahr. Deshalb schauen die Politiker dort genau hin.
Hinzu kommt: Bis 2025 schreibt die Stadt tiefrote Zahlen, gibt mehr Geld aus, als sie einnimmt. Das Defizit summiert sich bis 2025 auf mehr als 48 Millionen Euro. Hinzu kommt eine Belastung durch die Corona-Pandemie von bislang 9,6 Millionen Euro.
Das bedeutet: Bei den Stadtfinanzen bewegt sich Hilden auf ganz dünnem Eis. Jede größere Mehrausgabe ohne Einsparung an anderer Stelle kann den Absturz in einen Nothaushalt bedeuten. Dann verliert die Stadt ihre Finanzhoheit und muss sich jede Ausgabe vom Kreis als Aufsichtsbehörde absegnen lassen.
Die Talfahrt der städtischen Finanzen hält weiter an
Eine positive Veränderung der Haushaltssituation sei „aktuell leider nicht feststellbar“, hat Landrat Thomas Hendele der Genehmigung des Haushalts 2022 angefügt. Und: „Die aktuellen Daten belegen, dass die finanzielle Talfahrt der städtischen Finanzen anhält.“ Es gebe keine Alternative zur Konsolidierung des Haushalts. Und Konsolidierung heißt nichts anderes als sparen. Hilden muss dauerhaft mit dem Geld auskommen, das es einnimmt.
Das ist der Hintergrund für das Hin und Her um mehr Stellen im Rathaus. Und das läuft nach dem immer gleichen Muster ab, wenn man sich die vergangenen 20 Jahre anschaut.
Hin: „Wir brauchen mehr Mitarbeiter“, sagt der Bürgermeister als Chef der Verwaltung.
Her: „Glauben wir nicht“: Die Politik zieht die Zahl der beantragten Stellen grundsätzlich in Zweifel und gibt der Verwaltung auf, die Mehrarbeit durch bessere Organisation zu bewältigen.
Hin: Die Verwaltung gibt ein Gutachten in Auftrag. Das belegt: zusätzliche Stellen sind nötig: Kosten in diesem Fall rund 100 000 Euro.
Her: Der Stadtrat richtet die Stellen im Dezember vergangenen Jahres im Haushalt 2022 ein – und versieht sie mit einer Besetzungssperre. Begründung: Uns, der Politik, wurde das Gutachten nicht vorgestellt.
Hin: Die Verwaltung lädt am 2. März zu einer Sondersitzung des Hauptausschusses ein. Die Gutachter von pwc stellen ihre Untersuchung vor. Ihr Fazit: „Der Stellenplan 2022 liegt sehr nah am Ergebnis von pwc.“
Her: Die SPD beantragt, die Freigabe der Stellen zu vertagen und findet durch Unterstützung der CDU dafür auch eine Mehrheit. Begründung: Die beiden großen Fraktionen wollen von der Verwaltung belegt haben, wo und wie in den nächsten Jahren welche Einsparungen durch die zusätzlichen Stellen erzielt werden.
Das ist aktuell der Sachstand. Im nächsten Hauptausschuss soll erneut über die Freigabe der Stellen diskutiert werden. Peter Groß (CDU) hat die Erwartungshaltung der Politik auf den Punkt gebracht: „Wir können doch nicht immer nur mehr Leute einstellen.“
Was ist damit gemeint? Sowohl die Politik als auch die Verwaltung hoffen, durch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und eine bessere Organisation von Arbeitsabläufen (Prozessoptimierung) es zu schaffen, mit weniger Mitarbeitern mehr Arbeit schneller zu bewältigen.
Aufgrund von Fachkräfte-Mangel bleiben Stellen unbesetzt
Das Problem: Fachkräfte fehlen. Bereits aktuell können vier Prozent der Stellen nicht besetzt werden. Was das bedeutet, zeigt ein aktuelles Beispiel: Im Steueramt brennt die Hütte. Seit Jahren fehlen Mitarbeiter im Sachgebiet Steuern und Abgaben, um die Menge an Arbeit zu bewältigen. Dazu sind die Mitarbeiter, die da sind, für ihre Aufgaben nicht ausgebildet, sondern Aushilfen und Vertretungskräfte. Folge: Viele Bescheide sind fehlerhaft. Bürger beschweren sich massiv. Der Stress macht die Mitarbeiter krank. Und die Stadt kann ihre Steuern nicht vereinnahmen. Das ist kein Zustand, hat auch die Politik eingesehen – und zusätzlich drei Stellen bewilligt.
Die Gutachter von pwc haben schon viele öffentliche Verwaltungen untersucht. Deshalb haben ihre Aussagen Gewicht. Bund und Land delegierten immer mehr Aufgaben an die Kommunalverwaltungen, stellen die Experten fest – häufig ohne für die Finanzausstattung zu sorgen. Der überwiegende Teil der Aufgaben der Hildener Kernverwaltung (ohne Feuerwehr, Musikschule, Offene Ganztagsschule, Kitas) seien „Pflichtaufgaben“. Dort ließen sich keine Erfolge erzielen. Interessant auch: Die Führungskräfte dort hätten überhaupt keine Zeit, sich Gedanken um eine Verbesserung der Arbeitsabläufe zu machen, weil sie mit Facharbeiten ausgelastet seien. Das sei immer ein Hinweis darauf, dass es zu viel Arbeit und zu wenig Mitarbeiter gebe.
Fazit: Die Stadtverwaltung muss effektiver und wirtschaftlicher werden. Und pwc traut ihr das auch zu. Zusätzliche Mitarbeiter soll es nur für eine Zeit des Übergangs geben. Damit die Stadtverwaltung am Ende mit weniger Mitarbeitern mehr leistet.