Auf den Spuren von Ulla Hahn

Elke Minwegen spricht über Spaziergänge zu den verschiedenen literarischen Orten in der Stat Monheim.

Foto: Ralph Matzerath

Sie führen am kommenden Sonntag erstmals bei einem „literarischen Spaziergang“ durch das Monheim/Dondorf der Ulla Hahn/Hilla Palm. Wie warm müssen sich die Teilnehmer denn anziehen, sprich: Wie viel Literatur gibt es zu hören?

Elke Minwegen: Nun ja, ganz ohne geht es nicht, aber alles möglichst unterhaltsam. Mein Ziel ist, an jedem Standort einen Bezug zwischen Roman und Ulla Hahns Zeit in Monheim aufzuzeigen, eben zwischen „Monheim-Dondorf und zurück“. Das Programm ist vielfältig: Neben Text, Gedicht und Anekdoten werden auch Familienfotos von Ulla Hahn und historische Aufnahmen von Monheim präsentiert.

Ulla Hahns Romantrilogie, angefangen mit „Das verborgene Wort“, werden „autobiografische Züge“ zugeschrieben. Nur Züge, oder ist es doch mehr?

Minwegen: Die Romantrilogie lässt eine enge Verzahnung mit autobiografischen Elementen der Autorin zweifelsfrei erkennen. Daneben sind es aber auch gerade die kleinen Recherche-Überraschungen, die erstaunen und die Authentizität bis in kleinste Details zu unterstreichen scheinen. So wurde das Büchlein mit dem Titel „Hilla tippt sich zum Erfolg“, das die literarische Figur Hilla Palm zur Kommunion als Geschenk erhält, aber direkt weiter verschenkt, weil es ihr nicht gefällt, in den 1950er Jahren tatsächlich gedruckt, jedoch statt „Hilla“ mit dem Vornamen „Ulla“ im Titel. Trotzdem darf nicht vergessen werden: Es bleibt eine Romanerzählung mit all ihren fiktiven Freiheiten. Am Ende der Führung soll jeder Teilnehmer für sich entscheiden, wie viel Ulla Hahn in Hilla Palm steckt.

Wenn Sie nur eine einzige Stelle hätten: Wo würden Sie das Dondorf der Hilla Palm vorstellen?

Minwegen: Meine erste Wahl wäre das Elternhaus der Autorin, wo Ulla Hahn ihre Kindheit und Jugend verbrachte. Das über 100-jährige Haus — das heutige „Ulla-Hahn-Haus“ — hat äußerlich seinen Wohnhauscharakter einschließlich Garten von damals bewahrt, und es fällt leicht, sich hier die Hilla-Geschichte vorzustellen. Gleichzeitig verdeutlicht die unmittelbare Nachbarschaft zum vielstöckigen Hochhaus den städtebaulichen Wandel Mitte der 1960er Jahre, der ebenfalls im Buch thematisiert wird.

Wie viele Monheim-Bezüge haben Sie im „Verborgenen Wort“ entdeckt?

Minwegen: Es sind ja noch längst nicht alle entdeckt, und es macht Spaß, noch weitere zu entdecken. Ortschaften, Straßennamen, Geschäfte, Betriebe — all dies sind Beispiele dafür. Dass Ulla Hahn Spaß an der Verdrehung von Worten und Namen hat, scheint außer Zweifel. So wird aus dem Knipprather Wald der Krawatter Busch oder aus Hitdorf Hölldörf.

In den Nachfolge-Romanen „Aufbruch“ und „Spiel der Zeit“ über die jugendliche und erwachsene Hilla Palm sind die Monheim-Bezüge naturgemäß rarer gesät. Oder?

Minwegen: Die Fortsetzungen knüpfen an den Roman von 2001 nahtlos an. Parallelen zwischen Dondorf und dem Monheim der 60er Jahre werden seltener, aber lassen sich auch hier erkennen: Monheim erhielt die Stadtrechte und erfuhr in den folgenden Jahren städtebauliche Veränderungen, die zum rapiden Wachstum der Stadt führten. Dies, ebenso wie die Gründung einer Volkshochschule und das Hochhaus an der Neustraße als Kennzeichen einer neuen Stadtmitte, die Umstellung des Nahverkehrs auf Busse, das kann auch in Hilla Palms Welt nachgelesen werden.

Zu welchen Stationen führt Ihr Rundgang?

Minwegen: Der Rundgang beginnt am Elternhaus der Schriftstellerin, führt durch die Straßen der Monheimer Altstadt Richtung Rheinufer, vorbei an St. Gereon, zurück zur Neustraße. Die Route orientiert sich an Punkten, die vor allem im Alltagsleben der jungen Ulla Hahn von Bedeutung waren und anhand der Hilla-Romane nachvollzogen werden können, wie etwa die Spaziergänge mit dem Großvater.

Auf welche Quellen haben Sie sich bei der Konzeption des Rundgangs noch gestützt?

Minwegen: Neben den „Hilla-Romanen“ fließen in das Konzept Medienauftritte Ulla Hahns, Presse-Interviews und weiterführende Literatur ein. Auch in Hahns Gedichtbänden lassen sich autobiographische Hinweise finden, zum Beispiel im Gedicht „Durchs Dorf“. Begegnungen mit Ulla Hahn, mit ihrem Bruder, aber auch mit Karl König, ehemaligen Nachbarn, Besuchern des Ulla-Hahn-Hauses und anderen Monheimern gaben weitere hilfreiche Hinweise. Unterstützung fand ich beim Stadtarchivar und beim Ulla-Hahn-Haus-Team, die mir auch Fotos zur Verfügung stellten. Gespannt bin ich auf weitere Begegnungen, aus denen sich neue interessante Hinweise ergeben.

Gerade im „Verborgenen Wort“ geht Ulla Hahn unerbittlich mit dem „Käfig einer engen katholischen Dorfgemeinde“ (Klappentext) um. Werden Sie auch dieses düstere Monheim-Bild berücksichtigen?

Minwegen: Darum geht es mir nicht. Das wäre zu einfach. Zugegeben, die Geschichte der Hilla Palm ist nicht gerade leichte Kost, aber Ulla Hahn schreibt auch mit viel Humor, dass sich selbst düster anmutende Kapitel, wie die Beerdigung des geliebten Großvaters Hillas gleichzeitig auch witzig lesen lassen. In „Aufbruch“ bereits angedeutet, am Ende von „Spiel der Zeit“ bestätigt, findet die Protagonistin Hilla Palm sich selbst und schließlich auch Versöhnung mit ihrer Vergangenheit, ihrer Herkunft, ihrer Familie und ihrem Dondorf. Hier lohnt es sich auf jeden Fall, über die knapp 1800 Seiten der drei gebundenen Ausgaben durchzuhalten, um diese Entwicklung mit zu verfolgen.

Würden Sie Ulla Hahn gerne mal selbst auf einen Rundgang mitnehmen?

Minwegen: Ja, das wäre bestimmt sehr spannend.