Baumberg: Schwieriges Pflaster für Blinde

Verkehr: Die WZ hat die blinde Inge Rüdiger begleitet und sich Problemstellen in der Stadt zeigen lassen.

Baumberg. Wenn Inge Rüdiger über die Straße gehen will, hält sie immer kurz den Atem an. Sie lauscht und gibt dann das Kommando. "Rüber!" Für Hund Alwin heißt das, er muss jetzt sein Frauchen sicher auf die andere Straßenseite bringen. Inge Rüdiger ist blind. Sie führt ein sehr eigenständiges Leben, lässt sich von ihrer Behinderung kaum beeinflussen. Trotzdem: Vor allem im Straßenverkehr erlebt die 64-Jährige immer wieder brenzlige Situationen.

Ein Beispiel ist die Kreuzung Hegelstraße/Benrather Straße. Dreimal am Tag überquert Inge Rüdiger dort die Fahrbahn, um mit ihrem Blindenhund Gassi zu gehen. "Als der Kreisverkehr an der Geschwister-Scholl-Straße gebaut wurde und der ganze Verkehr hier durchfloss, wurde ein provisorischer Zebrastreifen eingerichtet. Aber der wurde entfernt, sobald die Baustelle beendet war." Durch diesen Zebrastreifen sei es um einiges leichter gewesen, die Straße zu überqueren. "Aber ohne Zebrastreifen hält kaum jemand freiwillig an."

Einen dauerhaften Zebrastreifen wird es an dieser Stelle aber wohl nicht geben, denn: "Für Überwege - und dazu gehört ja ein Zebrastreifen - ist eine bestimmte Beleuchtung vorgeschrieben", sagt Andreas Apsel, Leiter des Bereiches Bauwesen. "Man braucht eine bestimmte Anordnung und Lichtstärke, so dass allen Verkehrsteilnehmern deutlich gemacht wird, dass an dieser Stelle etwas passiert", erklärt Apsel. An der Ecke Hegelstraße/Benrather Straße müssten für diesen Fall extra Lampen aufgestellt werden.

Das verursache Kosten, die sich die Stadt nicht leisten könne. "Zumal es sich um eine Stelle in einer Temp-30-Zone handelt", erklärt der Fachmann. "Dort einen Zebrastreifen einzurichten, wäre ein Luxus, den sich die Stadt derzeit einfach nicht erlauben kann." Angesprochen auf die Erklärung von Barcelona, die ja auch die Stadt Monheim unterschrieben hat und die für eine besondere Rücksichtnahme auf die Belange von Behinderten steht, macht Apsel klar, dass es nicht immer einfach sei, zwischen den Interessen von Behinderten abzuwägen.

"Während eine Kante am Bürgersteig für einen Blinden hilfreich zur Orientierung ist, stellt sie für gehbehinderte Menschen eine gefährliche Stolperfalle dar." Grundsätzlich sei man bei der Stadt aber bestrebt, bei neuen Bauvorhaben einen Mindeststandard in Sachen Barrierefreiheit einzuhalten. Apsel verweist auf taktile Platten, umgangssprachlich auch als Noppenplatten bezeichnet, die beispielsweise am neuen Kreisverkehr Geschwister-Scholl-Straße/Holzweg verlegt worden seien.

Weder Noppenplatten, noch Zebrastreifen oder sonstige Querungshilfen gibt es am Garather Weg. Eine weitere "Problemstraße" für Inge Rüdiger. Hier kreuzt ein Spazierweg eine viel befahrene Straße. Mittelinsel, Schilder, Querungshilfen - Fehlanzeige. "Dabei überqueren viele Spaziergänger, Jogger und Radfahrer an dieser Stelle die Straße", so Rüdiger.

Das Problem: Es handelt sich um eine Kreisstraße. Damit ist die Stadt nicht zuständig. Beim Kreis war gestern kein Zuständiger zu erreichen. Inge Rüdiger wird abwarten. Sie wird sich auch weiterhin auf ihren Hund und auf ihr Gehör verlassen. "Aber wenn es sehr windig oder laut ist, dann habe ich keine Chance mehr."