Beratungscentrum funkt SOS
Der Verein schreibt erneut rote Zahlen. Der Beratungsbedarf steigt jedoch stetig.
Monheim. Es ist ein Hilfeschrei, den Michael Schlemminger-Fichtler am Freitag von sich gab. Der Vereinsvorsitzende des Beratungscentrums, das im Haus der Chancen angesiedelt ist, muss in diesem Jahr* bereits zum zweiten Mal ein Defizit im Haushalt verbuchen. Konnte der gemeinnützige Verein 2010 noch einen ausgeglichenen Haushalt von 700 000 Euro vorweisen, betrugen die Zuschüsse von Kommune, Land, Bund und Bundesagentur für Arbeit aus denen sich der Verein ausschließlich finanziert, 2011 nur noch 580 000 Euro, bei Ausgaben von 620 000 Euro.
Auch in diesem Jahr erwartet Schlemminger-Fichtler ein Defizit von 50 000 Euro. 2013 werde sich das Defizit noch einmal verdoppeln, wenn nichts geschehe. Und das, obwohl der Beratungsbedarf stetig steigt. „Wir hatten im April an einem einzigen Tag 39 Beratungstemine“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Davon waren drei Viertel Notfallberatungen.“
Das Beratungscentrum bietet kostenlose Schuldner- und Insolvenzberatung, psychologische Einzel-, Paar- und Familienberatung sowie Schwangerenkonflikt- und Sozialberatung an. Zusätzlich gibt es dort Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen für junge Menschen, die Unterstützung beim Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt benötigen — alles ausschließlich finanziert von Fördermitteln der Kommune, des Kreises und der Bundesagentur für Arbeit.
Vier Mitarbeiter mussten schon entlassen werden, eine Vollzeitstelle wurde auf Teilzeit reduziert. Projekte mussten eingedampft, die Teilnehmer der Arbeitsqualifizierungsprogramme von 65 (2006) auf maximal 25 Teilnehmer verringert werden. Und das, weil die Zuschüsse vor allem aus Berlin jedes Jahr weiter gekürzt werden, so Schlemminger-Fichtler.
Von 17 Mitarbeitern haben im Beratungscentrum nur zwei eine unbefristete Stelle. Um Fördermittel zu akquirieren, müssen sich die Mitarbeiter immer neue Projekte ausdenken, mit denen sie sich für finanzielle Hilfen bei den Geldgebern bewerben können. Doch dazu müsste die Geschäftsführerin Personal abstellen, das nicht da ist.
Aus dem Beratungsbereich kann keines mehr abgezogen werden. „Wir haben alleine für die Insolvenzberatung Wartelisten von bis zu 12 Monaten“, sagt Claudia Haag-Porysiak.
Michael Schlemminger-Fichtler plant im nächsten Jahr enger mit der Stadt zusammenzuarbeiten. Er möchte Beratungen für Eltern anbieten, denen Geld aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zusteht, die aber nicht wissen, wie sie die komplizierten Anträge ausfüllen sollen. 50 Prozent des Geldes aus dem Paket würde nicht abgerufen, weil zu wenig Menschen wüssten, was ihnen zustehe.
100 000 Euro im Jahr müssten her, damit sich das Beratungscentrum auf Dauer halten kann. Es müsste etwas passieren, damit das zweite Obergeschoss, des erst vor zwei Jahren eröffneten Haus der Chancen nicht bald leer steht.