Enttäuschung über Scooter-Verbot
Linienbusse dürfen die Gefährte aus Sicherheitsgründen seit Jahresbeginn nicht mehr transportieren. Hintergrund ist ein neues Gutachten.
Langenfeld/Monheim Günter Zimmermann versteht die Welt nicht mehr. Der 80-jährige Benrather ist Dialyse-Patient und auf sein Elektromobil angewiesen. „Mit meiner Frau Gisela bin ich oft nach Monheim und Leverkusen gefahren. Das ist jetzt viel komplizierter. Ein Auto haben wir nicht“, sagt der Rentner. Grund für seinen Unmut: Mit seinem Elektro-Scooter darf er seit Jahresbeginn nicht mehr Linienbus fahren. Die Düsseldorfer Rheinbahn und die Bahnen der Stadt Monheim (BSM) haben den Transport der Vehikel verboten.
Die Beförderungsbetriebe folgen damit einer Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Nach einem Gutachten, das der Branchenverband in Auftrag gab, stecken in der Beförderung der schweren E-Scooter erhebliche Sicherheitsrisiken. „Anders als bei Elektro-Rollstühlen ohne Lenkrad, die rasch in eine stabile Position kommen, können Scooter bei einer Vollbremsung des Busses kippen und dabei sogar Unbeteiligte verletzen“, sagt Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher.
BSM-Chef Detlev Hövermann wird noch deutlicher: „Bei einer Vollbremsung wird so ein Elektro-Scooter zum Geschoss. Deshalb bleibt uns mit Blick auf die Sicherheit der Fahrgäste keine andere Wahl, als der Empfehlung des Gutachtens zu folgen.“ Liegt denn dem Gutachten ein konkreter Fall zugrunde? „In unserer Region ist mir keiner bekannt“, sagt Hövermann. „Aber man sollte nicht erst dann reagieren, wenn etwas Schlimmes passiert ist.“
Leicht gemacht haben sich die Verkehrsunternehmen das Verbot nach eigenem Bekunden nicht. So heißt es bei der Kraftverkehr Wupper-Sieg AG (Wupsi), die im Langenfelder und Monheimer Süden Buslinien bedient, man sei sich darüber „im Klaren, dass damit bedauerlicherweise die Mobilität für Menschen mit Behinderung, die nicht auf für den ÖPNV zulässige Mobilitätshilfen wie einen Elektrorollstuhl wechseln können, eingeschränkt wird“. Die Ergebnisse der VDV-Studie böten aber „keine Handlungsalternative“ zu einem Verbot. Verantwortlich für die erhöhte Kipp- und Rutschgefahr der E-Scooter sei ihr relativ hoher Schwerpunkt. Regennässe auf dem Fahrzeugboden erhöhe das Risiko eines Unfalls zusätzlich.
Kurt Handreck, Vorsitzender des Monheimer Vereins für Rollstuhlfahrer, versteht die Sicherheitsbedenken, will es damit aber nicht bewenden lassen. „Es müsste doch technisch machbar sein, die E-Scooter so zu vergurten, dass sie keine Gefahr mehr darstellen“, sagt der 71-Jährige. BSM-Chef Hövermann will das nicht ganz in Abrede stellen, gibt aber zu bedenken: „Solche Verankerungssysteme müssen auch alltagstauglich sein. Das heißt, sie dürfen zu keinen größeren Fahrtverzögerungen führen.“ Darauf weist auch die Wupsi hin: Da die Elektromobile aufgrund ihrer Größe und mangelnden Rangierfähigkeit häufig quer zur Fahrtrichtung im Türbereich aufgestellt würden, hätten sie bereits bisher die Gänge und Ausstiegsbereiche für andere Fahrgäste versperrt. Zudem seien die vorhandenen Rückhaltesysteme für Rollstühle und Rollatoren für die E-Scooter nicht geeignet.
Elektromobilfahrern wie Günter Zimmermann bleibt fürs erste nur, auf die Bahn umzusteigen — wenn denn ihr Ziel in der Nähe eines Bahnhofs liegt. Denn in Zügen und S-Bahnen sind die E-Scooter weiter erlaubt. Nach der Erfahrung von Rollstuhlfahrer-Vereinschef Handreck stellt sich dann jedoch ein anderes Problem: „Die Aufzüge zu den Bahnsteigen sind zu oft kaputt, als dass man sich darauf verlassen könnte, mit der Bahn zum Ziel und wieder zurückzukommen.“