Flüchtlingen fehlt Privatsphäre
Seit März sind Asylbewerber in der Turnhalle „Am Hang“ untergebracht. Derzeit wohnen dort 24 Menschen.
Die Turnhalle „Am Hang“ sieht nicht mehr nach Turnhalle aus, sie wirkt eher wie ein Labyrinth: lauter graue Stellwände, zwischen denen metallene Doppelstockbetten und Schränke stehen. Und mittendrin Menschen, die dort nun leben.
Azira Vrosevic, Bewohnerin
Aufgrund der stark gestiegenen Zahl von Asylbewerbern wurde die Halle in eine Notunterkunft verwandelt. Dass dies keine Dauerlösung sein kann, stand nach den Worten der Ersten Beigeordneten Marion Prell von Beginn an fest. „Nichtsdestotrotz haben wir uns natürlich um eine gewisse Aufenthaltsqualität bemüht.“ So wurde eine Küche mit acht Herden und sechs Spülen eingerichtet, ein kleiner Aufenthaltsraum sowie eine Waschküche mit Waschmaschinen und Trocknern. „Die sanitären Anlagen sind auch erweitert worden“, erklärt Holger Hammer vom städtischen Sozialreferat. Neben zusätzlichen Waschbecken wurden einzelne Duschkabinen mit Ablagemöglichkeiten installiert.
Was fehlt, ist die Privatsphäre, worüber auch die Stellwände nicht hinwegtäuschen können. Für die derzeitigen Bewohner das größte Problem: „Ich kann mich nicht unbeschwert umziehen und man kann nicht in Ruhe schlafen, weil wir hier alles hören“, berichtet die 35-jährige Azira Vrosevic.
Die Serbin, die fließend Deutsch spricht, hat bereits zwischen ihrem achten und 23. Lebensjahr in Deutschland gelebt. Dann wurde sie abgeschoben.
Vor einem Monat ist sie zurück nach Deutschland gekommen und hofft nun für immer bleiben zu können: „Ich bin hier aufgewachsen, Deutschland ist meine Heimat und nicht Serbien.“ Obwohl ihre Mutter krank ist, hat Azira sie mitgenommen. „Gerade für die alten und kranken Menschen ist es nicht einfach in der Turnhalle. Die Kinder laufen natürlich rum und sind laut.“
Dass es in der Turnhalle an Privatsphäre mangelt, beklagt nicht nur die 35-Jährige. Auch Zecko Jovanovic und seine Frau wünschen sich ein eigenes Zimmer: „Es würde uns Freiheit geben. Wenn wir nachts zum Klo müssen, können wir kein Licht anmachen, sondern müssen mit unseren Handys leuchten.“
In der Turnhalle gibt es nur ein zentrales Deckenlicht. Zudem haben Kinder keine Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten.
Daran werde aber gearbeitet, sagen Prell und Hammer. So solle es demnächst einen Fernseher geben. Den Verantwortlichen ist bewusst, dass die Turnhalle keine ideale Lösung ist. „Wir haben momentan leider keine Alternativen. Wir bemühen uns aber darum, dass hier keine traumatisierten Menschen aus Kriegsgebieten untergebracht werden“, betont Prell.
Die 24 Menschen, die derzeit in der Turnhalle leben, kommen alle aus dem ehemaligen Jugoslawien, also aus so genannten sicheren Drittstaaten. „Das Gute ist, dass wir uns alle untereinander verstehen. Und auch sonst waren bisher immer alle Menschen sehr freundlich zu mir“, berichtet Azira.
Im März war es zu fremdenfeindlichen Schmierereien an der Turnhalle gekommen. Marion Prell betont jedoch: „Es hat bisher keine Beschwerden gegeben. Wir bemühen uns darum, dass hier alle friedlich miteinander leben.“ Zumal die Turnhalle nun so ausgebaut sei, dass sich Menschen dort länger aufhalten könnten. Wie lange genau, kann jedoch niemand sagen.