Frei wie ein Vogel trotz Rollstuhl

Seit einem Unfall sitzt Segelflugfan Mathias Henckels im Rollstuhl. Der Traum vom Fliegen schien geplatzt. Doch die Luftsportgruppe Erbslöh wollte das so nicht stehenlassen.

Foto: Ralph Matzerath

Langenfeld. Mathias Henckels ist quasi auf dem „Flugplatz aufgewachsen“, wie er es formuliert. Schon sein Vater war ein passionierter Segelflieger und so begleitete ihn Mathias immer nach Wiescheid auf das weitläufige Fluggelände der Luftsportgruppe (LSG) Erbslöh. Schon als Kind durfte er bei seinem Vater und seinen Vereinsfreunden mitfliegen. So war es nicht weiter überraschend, dass auch ihn das Segelflugfieber gepackt hat. „Ich war gerade 15 Jahre, als ich mit dem Flugunterricht begonnen habe“, erinnert sich Mathias zurück. Bald schon durfte er allein segeln und nach drei Jahren stand er kurz davor, den Flugschein zu machen.

Doch dann passierte das Unglück. Mathias hatte einen Unfall mit dem Mountainbike, der sein komplettes Leben aus der Bahn warf. Seither sitzt er im Rollstuhl, die Flugberechtigung wurde ihm entzogen und der Traum vom Flugschein rückte in weite Ferne. Doch die LSG Erbslöh wollte es dabei nicht belassen. Cheffluglehrer Jochen König, der viel Kontakte auch zu anderen Segelflugvereinen hat, fand im Taunus ein für Rollstuhlfahrer umgebautes Segelflugzeug. „Dort hat Mathias die Gelegenheit bekommen, in so einem umgebauten Flugzeug zu fliegen“, erzählt er. Als klar war, dass Mathias mit solch einem Spezialflugzeug wieder lernen könnte, selbstständig zu fliegen, ergriff der LSG Erbslöh-Vorstand sofort die Initiative. „Ich habe mich gleich um Fördergelder bemüht“, erzählt Vorsitzender Jürgen Blome, „die Resonanz war sehr gut.“

Dabei ging es dem Verein zum einen darum, ein Segelflugzeug umzubauen, um Mathias, aber auch anderen gehbehinderten Menschen das Segelfliegen zu ermöglichen, aber auch um eine Umgestaltung des Geländes, wie behindertengerechte Sanitäranlagen und Behindertenparkplatz. „Wir als Luftsportler leben Inklusion“, meint dazu Stefan Klett, Präsident des Deutschen Aeroclubs NRW, der die LSG Erbslöh in ihrem Vorhaben unterstützt hat, genauso wie die Segelflugkommission DAeC NRW, die Interessengemeinschaft „Rolliflieger“ und die Aktion Mensch.

Drei Wochen hat der Umbau des zweisitzigen Segelflugzeuges gedauert, 7000 Euro hat er gekostet. Doch bevor Mathias an seine vor zwei Jahren so abrupt abgebrochene Fluglaufbahn anschließen konnte, musste er einen Medical Flight Check absolvieren. „Es wurde geprüft, dass ich alle Steuerelemente gut bedienen kann. Ich muss auch in der Lage sein, mit dem Fallschirm auszusteigen“, erzählt der 20-Jährige, der froh ist, dass er sein Hobby jetzt doch wieder fortführen kann. „Das ist cool“, sagt er.

Auch, wenn es anfangs noch ein wenig Übung bedarf, denn die Bedienung der Seitenruder erfolgt nun über einen Handgriff und nicht mehr über Fußpedale. „Ich habe fünf Starts gemacht. Geistig bin ich schon gut geschult, aber ich muss es noch motorisch umsetzen“, sagt Mathias. Das intuitive Steuern muss er erst noch üben. Außerdem werden die Landeklappen in dem umgebauten Segelflugzeug festgestellt. Aus Sicherheitsgründen fliegt zunächst ein Fluglehrer mit. „Aber ich hoffe, dass ich mich bald wieder freifliegen kann“, sagt Mathias. Und ein festes Ziel hat er auch. Noch dieses Jahr will er den Flugschein machen. „Und ich hoffe, dass ich irgendwann ein Einzelflugzeug fliegen kann.“