Trotz Rollstuhl in den Segelflieger
Die Luftsportgruppe Erbslöh rüstet einen Doppelsitzer für Mathias Henckels und andere Querschnittsgelähmte um.
Langenfeld. Das Fliegen ist für Mathias Henckels mehr als ein Hobby. „Es ist meine Leidenschaft. Ich bin sehr mit der Natur verbunden und empfinde in der Luft eine ungeheure Freiheit“, sagt der 20-Jährige. Und dieses Gefühl schätzt der Burscheider um so mehr, seit er nach einem schweren Unfall mit dem Mountainbike im Mai 2016 auf den Rollstuhl angewiesen ist. Voller Freude blickt er dem Tag entgegen, an dem er bei der Langenfelder Luftsportgruppe Erbslöh nicht nur mitfliegen, sondern selber als Pilot einen Segelflieger steuern kann. Zurzeit rüstet der Verein in seiner Werkstatt an der Haus Gravener Straße einen Doppelsitzer für Querschnittsgelähmte um.
„Zum Saisonstart im März können bei uns auch Piloten mit Handicap fliegen“, sagt Vereinssprecher Jürgen Fischer. „Und Interessierte können sich dann ausbilden lassen und die Segelfluglizenz erwerben.“ In Zusammenarbeit mit dem Poppenhausener Hersteller Alexander Schleicher baut der Langenfelder Verein in einen Doppelsitzer des Typs ASK21 eine zusätzliche Handsteuerung ein. Fischer: „Mit ihr können Piloten, die aufgrund eines Handicaps keine Fußpedale bedienen können, das Seitenruder des Flugzeugs mit der Hand betätigen.“ Die Aktion Mensch fördert nach Fischers Angaben den Umbau des Doppelsitzers mit 4687 Euro. Unterstützung gibt es auch vonder Interessengemeinschaft der Rolliflieger und dem Landesverband des Deutschen Aero-Clubs.
Parallel zur Umrüstung des Flugzeugs baut die mit aktuell rund 240 Mitgliedern zu den größten Segelflugvereinen Deutschlands zählende Luftsportgruppe Erbslöh die sanitären Einrichtungen im Vereinsheim am Graf-von-Mirbach-Weg behindertengerecht aus; mit einem Zuschuss der Stadt-Sparkasse Langenfeld. Insgesamt investiert die Luftsportgruppe Erbslöh laut Fischer in den barrierefreien Ausbau rund 25 000 Euro. „Einen wesentlichen Anteil erbringen die Vereinsmitglieder in Eigenleistung.“
Auch Mathias Henckels hilft in der Werkstatt mit, etwa beim Polieren oder bei Lackarbeiten. „Jeder Segelflieger im Verein muss eine bestimmte Anzahl von Stunden in der Werkstatt verbringen. Und das mache ich gern.“ Schon mit 16 Jahren nahm er Flugstunden. „Ich stand kurz vor dem Flugschein, als mein Unfall passierte.“ Seither ist Mathias Henckels verschiedene Male in einem Doppelsitzer mitgeflogen — ohne selber zu steuern.
Dass er dies nach dem Saisonstart ab nächstem Monat in dem umgerüsteten Segelflieger tun kann, gebe ihm ein weiteres Stück Selbstständigkeit zurück. „Es ist ein tolles Gefühl, in der Luft zu sein und die Thermik für weite Strecken zu nutzen. Ich bin dem Verein sehr dankbar und hoffe, dass weitere Menschen mit Handicap die Gelegenheit bei der Luftsportgruppe Erbslöh nutzen werden.“ Mathias Henckels Flugleidenschaft zeigt sich übrigens auch bei seinen beruflichen Plänen. Ab dem Wintersemester möchte der 20-Jährige Luft- und Raumfahrttechnik studieren.