Gipfelstürmer mit 70 Jahren
Volker Görgens hat den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, erklommen. Ein „bisschen verrückt“ sei das schon.
Der Startschuss für eines der größten Abenteuer seines Lebens ist für Volker Görgens eigentlich schon vor mehr als 15 Jahren gefallen. Gemeinsam mit seiner Frau Gabriele macht er Ski-Urlaub im Stubaital. Nina, die Wirtin ihres Stammhotels, erzählte eines Abends, wie sie den Kilimandscharo bestiegen hat. Voller Begeisterung beschreibt sie die Bergtour — und Görgens hört aufmerksam zu. „Ich glaube, dass ich irgendwie damals schon beschlossen habe, es auch zu versuchen“, sagt er. „Aber immer, wenn ich das erwähnt habe, wurde das eher süffisant lächelnd kommentiert.“ Daran geglaubt habe niemand.
An seinem 70. Geburtstag verkündete der Monheimer dann sein Vorhaben — und erntete ungläubige Blicke. Einer seiner Freunde, erzählt er, habe gar 100 Euro gewettet, dass er den Gipfel nicht erreichen würde. „Vielleicht war das der endgültige Anstoß, warum ich es gemacht habe“, meint Görgens. „Vielleicht war es auch Eitelkeit, sportlicher Ehrgeiz oder einfach der Wunsch, noch einmal etwas Besonderes zu machen — oder eine Kombination aus allem.“
Also informierte sich der Betriebswirt im Ruhestand über den Trip nach Tansania. Rund 5890 Meter ist der Kilimandscharo hoch. Sechs Tage dauert die Tour bis zum Gipfel. Görgens buchte die Reise und bereitete sich vor. Von medizinischer Seite gab es keine Bedenken, und unsportlich ist der Tennisspieler, Skifahrer und Schwimmer auch nicht.
Volker Görgens
Einige Wochen und zehn Stunden im Flugzeug später stand der 70-Jährige in Tansania. Nach einer kurzen Phase der Akklimatisierung lernte er seinen Bergführer Freddie kennen. Es gab einen Koch im Team, Gepäckträger und sogar eine mobile Toilette. Geschlafen wurde in Zelten. Je höher der Aufstieg ging, desto bemerkbarer machte sich der niedrige Sauerstoffgehalt. „Das hat mir zum Glück keine Probleme gemacht“, meint Görgens. Schwieriger sei die letzte Etappe zum Gipfel gewesen: Da war dann echtes Bergsteigen angesagt. Spätestens da habe er sich sekündlich gefragt, warum er sich das antue. Von der staubigen Hitze der Ebene ging es in verschneite Bergregionen. „Ich hatte am Ende sogar Eiszapfen an der Nase“, sagt er. Am Uhuru Peak, in 5890 Metern Höhe, schrieb er eine SMS an seine Frau. „Bis dahin habe ich zuhause gebangt und gezittert“, sagt die 68-Jährige. Das Gefühl, am Gipfel angekommen zu sein, kann Görgens kaum beschreiben. „Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich in dem Moment denken und fühlen sollte“, sagt er. „Es war ein ganz besonderes Abenteuer.“