Haus der Jugend: Der Berufsjugendliche geht
Jahrzehnte gehörte er zum lebenden Inventar im Haus der Jugend: Mustafa Akgül. Mit fast 60 Jahren verabschiedet er sich nun in den Ruhestand. Am Samstag wird gefeiert.
Monheim. Maschinen oder Menschen? Mustafa Akgül hatte die Wahl. Vor 35 Jahren kam er nach Deutschland, er studierte Maschinenbau, das war sein größter Wunsch. Dafür verließ er seine Heimat Kayserie in Anatolien. Er lernte intensiv die deutsche Sprache. Doch dann haben ihn die Menschen schließlich mehr fasziniert als die Maschinen — auch wenn er an der Fachhochschule Düsseldorf 1980 als Diplomingenieur den Abschluss machte.
Der sprachbegabte Mann war in Monheim schnell bekannt. Er wurde angesprochen, ob er nicht im Haus der Jugend arbeiten könne. Er, der deutsch und türkisch fließend sprach, wurde in Monheim dringend gebraucht. „Es war immer mein Wunsch gewesen, in Deutschland zu studieren“, sagt Akgül. Dass sich sein Leben anders entwickelt hat, kann der fast 60-Jährige im Nachhinein nur begrüßen. 1978 wurde ein Sozialarbeiter im Haus der Jugend gesucht. In der „Neuen Heimat“ in Monheim Süd gab es Konflikte. Akgül half, sie zu lösen. „Natürlich war es früher anders als heute, doch jede Zeit hat eigene Besonderheiten“, sagt er. Damals gab es die Teestube im Haus der Jugend. Dort hielten sich aber eher die jungen Männer auf. In die Disco in den Kellerräumen verirrten sie sich nicht so oft. „Mädchen kamen kaum“, weiß Akgül. Doch das alles hat sich geändert.
Erst war Akgül halbtags beschäftigt. Als sein Job deswegen auf der Kippe stand, machten sich zwei Politikerinnen für ihn stark: Die frühere Bürgermeisterin Ingeborg Friebe (SPD) und das Hildener Stadtoberhaupt Ellen Wiederhold (CDU). Er hatte auch eine Halbtagsstelle in Hilden und auch Ellen Wiederhold wollte, dass er blieb. „Und ich blieb. Die Frauen hatten es geschafft“, sagt Mustafa Akgül. Er wurde Ganztagskraft.
Es sei nicht leicht gewesen in Monheim, vor Jahrzehnten noch kinderreichste Stadt in NRW. Es gab viele Probleme, doch er hatte immer ein Patentrezept: „Mit den Fingern muss man klettern“, sagt er, will sagen, dass man auch manches langsamer und behutsamer auf den Weg bringen muss. Akgül hat viel für Monheim erreicht, längst nicht nur für die Jugendlichen. Die Liste seiner Tätigkeiten, seiner Erfolge, ist seitenlang: Aktionsmobil, Gründung des Vereins Interkulturelle Vielfalt, beim ersten Septemberfest hat er mitgewirkt. „Die Kinder, die damals ins Haus der Jugend kamen, sind heute selbst Eltern oder sogar Großeltern“, sagt Akgül. Alle suchen noch immer seinen Rat. „Ich treffe die Menschen auf der Straße, alle rufen: ,Hallo Mustafa!’ Wenn ich im Rathaus verabredet bin, brauche ich für den kurzen Weg über eine halbe Stunde. Dann fragt sich die Verwaltung: Wo bleibt denn der Mustafa?“
Viele Kinder und Jugendliche habe er aufgefangen, dafür gesorgt, dass sie den rechten Pfad begehen. Jetzt geht er in die Altersteilzeit, freut sich auf Urlaube in der Heimat. Er hat Familie, Kinder, Enkelkinder. Für all das hat er bald mehr Zeit. Er liebt Pflanzen, gießt am Haus der Jugend die Blumen. Achtet darauf, dass das Haus instand bleibt. Akgül hat ein Lebensmotto: Niemals aufgeben!