Hilden: Helmholtz-Gymnasium - Geburtshelfer für Kröten
Die Nachzucht der vom Aussterben bedrohten Geburtshelferkröte steht am Scheideweg.
<strong>Hilden. Die Stunde der Wahrheit naht. In einem Monat werden Ramona Dubke (16) und Andrea Woitzik (16) wissen, ob sie mit ihrer Theorie richtig liegen. Die Schülerinnen des Helmholtz-Gymnasiums, die von Miriam Osterwind (20) unterstützt werden, sind der Meinung, dass sich Geburtshelferkröten sehr wohl in einem Terrarium züchten lassen. Damit widersprechen sie der gängigen Meinung - und der Fachliteratur. Beweisen wollen sie ihre Behauptung mit einem Versuch, dessen entscheidende Phase mit dem Aussetzen in ein Terrarium gestern begonnen hat. "Unsere Hypothese ist, dass die Tiere einen Kältereiz brauchen, um sich im Frühjahr fortzupflanzen", sagt Andrea. Den haben die Kröten während ihres Winterschlafs bei drei Grad über dem Gefrierpunkt in einer Kältekammer bekommen: Das ist ein umgebauter Kühlschrank, in dem den Tieren computergesteuert ein Winter vorgegaukelt wurde.
Moderne Elektronik sorgt für einen natürlichen Tagesablauf
Der gestern bezogene Lebensraum der Kröten ist mit Wasser, Pflanzen und ausgesetzten Beutetieren naturnah gestaltet. Dort sollen die Tiere nun die 50 Jahre alte These widerlegen, dass sie in Gefangenschaft nicht überleben. "Damals haben die Wissenschaftler mit gleich bleibenden Temperaturen gearbeitet", weist Andrea auf den Unterschied zu ihrem Versuch hin. Heute steht den Schülerinnen im Keller der Schule modernste Elektronik zur Verfügung, um im Terrarium einen natürlichen Tagesablauf zu simulieren. Läuft alles nach Plan, werden die vom Aussterben bedrohten Amphibien in wenigen Tagen mit der Partnerwerbung beginnen. Und Andrea ist zuversichtlich, dass es klappt, denn "es ist schon ein schöner Erfolg für uns, dass die Tiere den künstlichen Winter überlebt und sogar zugenommen haben". Mehr als fünf Gramm bringen die beiden etwa fünf Zentimeter großen Kröten jeweils auf die Waage.Geburtshelferkröten laichen dreimal im Jahr
Auf bis zu 180 Kaulquappen können die jungen Forscherinnen hoffen, denn Geburtshelferkröten laichen dreimal im Jahr. Dann hätten die Schülerinnen aber ein Platzproblem. Da die Tiere aus einer Freilandzucht in Darmstadt kommen (mit Erlaubnis des Landschaftsverbandes), dürfen sie nicht in das Gehege im Innenhof ausgesetzt werden. Dort leben bereits die heimischen Geburtshelferkröten des "Jugend forscht"-Projektes der drei Jungforscherinnen. "Sie sind an eine andere Umgebung angepasst", klärt Ramona auf. Deshalb dürfen sie auch nicht in freier Wildbahn ausgesetzt werden. Womöglich leben im Innenhof-Gehege aber bereits zwei Zugereiste, denn von den ursprünglich vier aus Darmstadt geholten Tieren haben sich zwei im vergangenen Sommer heimlich aus ihrem dort aufgestellten Übergangsheim verdrückt. Dass eventuell auf sie ein Platzproblem zukommen könnte, stört die Jugendlichen nicht. Der Züchter in Süddeutschland würde den überzähligen Nachwuchs bei sich aufnehmen. Mehr Sorgen machen sich die jungen Forscherinnen über ein ganz natürliches Problem: Sie kennen das Geschlecht ihrer Versuchstiere nicht, weil Männchen und Weibchen sich äußerlich nicht unterscheiden. GeburtshelferkröteSteckbrief: Amphibien (Klasse), Frösche und Lurche (Ordnung), Scheibenzüngler (Familie)
Verbreitung: West- und westliches Mitteleuropa, iberische Halbinsel
Nahrung: Insekten, Asseln, Nacktschnecken und Würmer (Alttiere), Algen, Pflanzenreste, Einzeller und Pilze (Larven)
Lebensraum: Laubwälder und Süßwasser
Paarungszeit: Ende März bis Anfang April
Besonderheiten: Geburtshelferkröten verbringen den Winter im Winterschlaf. Das Männchen windet die vom Weibchen gelaichten Eier in Schnüren um seine Hinterbeine und trägt sie bis zu 50 Tage mit sich herum.