Hilden: Meilensteine der Versöhnung
Im September erscheint eine Dokumentation zur Verlegung der Stolpersteine für Rolf und Henry Bernstein.
Hilden. "Vergeben - aber nicht vergessen." So titelte die Westdeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 27. Oktober 2006 den Artikel über den ersten Besuch von Gary Eichenwald in Hilden. Am Tag zuvor waren zwei Stolpersteine für seinen Cousin Rolf und seinen Onkel Henry Bernstein vor dem Haus an der Mettmanner Straße 76 verlegt worden. Beide wurden in Auschwitz ermordet.
Vergessen wird der heute 79-Jährige die von den Nazis an seiner Familie verübten Gräueltaten nie. Aber seine Einstellung zu Deutschland hat sich in den vergangenen drei Jahren geändert. Vor seinem ersten Besuch hatte er lange gezögert, in das Land zurückzukehren, in dem seine Familie ausgelöscht wurde. Der Einladung zu einem erneuten Besuch in Hilden folgte er gern. Denn diesmal wurde er von Freunden erwartet. Der Kontakt zwischen den Mitgliedern des Hildener Arbeitskreises Stolpersteine und den Eichenwalds ist seither nicht abgebrochen.
Auch sein zweiter Besuch stand am Freitag im engen Zusammenhang mit dem Schicksal seiner Familie. Im Stadtarchiv wurde ihm ein Vordruck der Dokumentation zur Geschichte der Stolperstein-Verlegung für Rolf und Henry Bernstein übergeben. Ein weiteres Exemplar erhielt Thea Blankenstein, die aus den Niederlanden angereist war. Ihr Vater hatte die Bernsteins in seinem Haus in Holland versteckt und wurde deshalb 1945 in Bergen-Belsen von den Nazis ermordet.
"Dass so viel Aufwand betrieben wurde", sagte Eichenwald, sei eine Ehre für ihn. Den hat neben dem Stadtarchiv und dem Arbeitskreis Stolpersteine auch sein Sohn Wes betrieben, der seine Eltern diesmal begleitete. Der 50-Jährige arbeitet als Journalist und Schriftsteller in den USA und hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre intensiv mit der Geschichte seiner Familie beschäftigt. Dabei entdeckte er im Nachlass seiner Großtante Martha Bernstein zahlreiche Fotos und einen Bericht von Henry Bernstein über dessen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg. Alles wurde in die Dokumentation aufgenommen.
"Es war wie ein Fenster in eine unbekannte Welt", beschreibt Wes Eichenwald seine Empfindungen bei der Recherche in der Familiengeschichte. Beides hat er in einem Essay niedergeschrieben. Auch dieser Text hat dazu beigetragen, dass die Dokumentation auf insgesamt 151 Seiten angewachsen ist. Möglicherweise wird Gary Eichenwald sie ins Englische übersetzen, damit auch seine in den Vereinigten Staaten lebenden Familienangehörigen vom Schicksal ihrer Vorfahren lesen können.