Langenfeld: Chatroom – ein virtuelles Spiel
Der Schauplatz bringt das Stück des Iren Enda Walsh über Mobbing im Netz nicht nur für Schüler auf die Bühne.
Langenfeld. Am Freitagmorgen im Raum der Blinklichter im Kulturzentrum: 24 Siebtklässler des von Renate Weidenhaupt-Wirtz an der Bettine-von-Arnim-Gesamtschule geleiteten Kurses "Darstellen und Gestalten" sitzen im Kreis auf dem Parkett und hören gebannt zu wie Jim sagt: "Wenn du sechs bist und ein Cowboy-Kostüm trägst und dir die Pinguine anschaust, dann sollte man dich einfach nicht zwingen, so schnell erwachsen zu werden ..."
Als Jim sechs Jahre alt war, hat sein Vater die Familie verlassen. Jetzt ist er 15 und hat vom Leben schon genug; genug von Demütigungen und Enttäuschungen. Er sucht nach Gleichgesinnten und trifft beim Surfen im Internet auf "Die verdammten Besserwisser". In diesem Chatroom für Jugendliche gibt es klare Regeln: keine Namen, keine Details. Desillusioniert und abgebrüht rechnen dort sechs junge Leute mit ihrer Lebenswirklichkeit ab. Erst mit erfrischend witzigem Zynismus, aber als der depressive Jim aufgefordert wird, ein öffentliches Protestzeichen für seine Generation zu setzen, beginnt ein virtuelles Spiel um Leben und Tod.
"Jim wurde zum Außenseiter gemacht. Wer das Stück gesehen hat, der versteht vielleicht, wie manche Jugendlichen da draußen herumlaufen", sagt Marcus Abdel-Messih (22), der als Jim in "Chatroom" die Hauptrolle spielt. Der gebürtige Langenfelder hat selbst die Bettine-von-Arnim-Schule besucht und konnte sich nach zwei Semestern an einer Schauspielschule in Köln im Casting durchsetzen. Seit Mitte Juni probt er mit Nicole Koltziej, Celina Rongen, Carlo Sohn, Alexandra Tillmann und Jan Wagner unter Leitung von Elisabeth Schafheutle täglich vier bis fünf Stunden an dem Stück des Iren Enda Walsh. Für die 19 bis 22Jahre alten Laien-Darsteller ist es aber eine neue Situation, dass die 13- bis 14-jährigen Gesamtschüler sozusagen als "Probepublikum" dabei sind. Doch Zuschauer-Reaktionen zu testen, ist wichtig fürs Schauspiel.
"Der Kurs ist unsere Partnerklasse. Zur Theaterpädagogik gehört eben auch, Möglichkeiten zu bieten, die Entwicklung eines Stücks von den Proben bis zur Premiere zu verfolgen", sagt Regisseurin Schaftheutle. Sie betreut bei der Schauplatz GmbH die Jugendtheater-Projekte. Nach dem Folkfestival im Freizeitpark am vergangenen Samstag ist die Inszenierung von "Chatroom" der zweite Beitrag des städtischen Kulturbetriebs zum Langenfelder Irland-Jahr 2009. Drei Abendvorstellungen im großen Saal der Stadthalle werden gegeben.
"Wir bieten den Schulen aber auch Extra-Vorstellungen am Vormittag sowie die Vor- und Nachbereitung im Unterricht an", sagt Elisabeth Schafheutle. Mobbing im Internet ist für sie ein Familienthema. "Chatroom ist ebenso etwas für Erwachsene. Das Stück spricht auch die Verantwortung von Eltern für Kinder im Umgang mit Medien an."