Regional-Untersuchung des Pestel-Instituts „Im Kreis fehlen Seniorenwohnungen“

Kreis Mettmann · 2035 werden die Baby-Boomer in Rente gehen – und die brauchen entsprechenden Wohnraum. Darauf ist der Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann nicht eingestellt. Das zeigt eine Regional-Untersuchung des Pestel-Instituts.

Wenn Rollator auf Treppe trifft: Der Kreis Mettmann braucht mehr Seniorenwohnungen.

Foto: Pestel-Institut/Nils F. Hillebrand

(fbu) Der demografische Wandel in der Gesellschaft zeigt sich auch auf dem Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann. So gehen die sogenannten Baby-Boomer bis 2035 komplett in Rente. Dann werden im Kreis rund 15.700 Menschen mehr im Ruhestand sein als heute – rund 127.800. Das geht aus einer Regional-Untersuchung zum Senioren-Wohnen hervor, die das Pestel-Institut gemacht hat. „Der Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann ist mit der neuen Rentnergeneration der geburtenstarken Jahrgänge komplett überfordert. Es fehlen Seniorenwohnungen“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Schon jetzt gebe es einen massiven Mangel an altersgerechten Wohnungen. „Das wird sich noch enorm verschlimmern“, so Günther.

Schon jetzt leben in jedem
dritten Haushalt Senioren

Matthias Günther ist der Leiter des Pestel-Instituts.

Foto: Bauverein

Der Leiter des Pestel-Instituts nennt dazu Zahlen: So gibt es aktuell rund 238.000 Haushalte im Kreis Mettmann. In 36 Prozent davon leben Senioren. „Bereits heute braucht der Kreis rund 19.900 Wohnungen für die älteren Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Doch diese Seniorenwohnungen gibt der Wohnungsmarkt im Kreis bei weitem nicht her“, sagt Günther. Und für 2045 ermittelt die Untersuchung bei den benötigten Seniorenwohnungen sogar einen deutlichen Anstieg: So wird der Kreis in 20 Jahren für rund 25.800 Seniorenhaushalte Wohnungen brauchen, die zum Leben im Alter passen.

Eigentlich sei der Bedarf sogar noch höher, so das Pestel-Institut. „Denn ein Großteil der altersgerechten Wohnungen wird noch nicht einmal von Älteren bewohnt. Oft nutzen auch Familien den Komfort einer Wohnung ohne Schwellen, mit breiten Türen, Fluren und Räumen. Denn wo das Leben mit einem Rollator klappt, da kommt man auch mit einem Kinderwagen klar“, weiß Günther. Neben dem Neubau sei deshalb vor allem eine Sanierungsoffensive notwendig, um für mehr seniorengerechte Wohnungen im Kreis zu sorgen. „Doch die ist bislang nicht in Sicht“, sagt Günther.

Katharina Metzger ist Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB).

Foto: Pestel-Institut/Tobias Seifert

BDB-Präsidentin: Politik
muss Wohnbau ankurbeln

Das müsse sich dringend ändern, fordert Katharina Metzger. Sie ist Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der die Regional-Untersuchung zum Senioren-Wohnen beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat. An die Adresse der Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD aus NRW richtet Metzger einen eindringlichen Appell: „Das Wohnen muss bei den Koalitionsverhandlungen ein absoluter Schwerpunkt sein. Der Wohnungsbau braucht einen gewaltigen Schub. Es ist wichtig, dass die CDU und die SPD im Kreis Mettmann dieses ‚SOS-Notsignal fürs Wohnen‘ deutlich nach Berlin funken.“

Eine künftige schwarz-rote Bundesregierung müsse den Wohnungsbau als Motor für die Binnenkonjunktur entdecken und nutzen: „Es geht um mehr Seniorenwohnungen, die durch Neubau und Sanierung entstehen müssen – auch im Kreis Mettmann. Außerdem um mehr bezahlbare Wohnungen und um mehr Sozialwohnungen“, so Metzger. Die neue Bundesregierung müsse die Brisanz, die die Wohnungsnot habe, dringend erkennen: „Wer schlecht wohnt, fühlt sich schlecht regiert. Wer eine horrende Miete zahlen muss oder gar keine Wohnung findet, die er noch irgendwie bezahlen kann, bei dem wächst Frust. Das alles ist sozialer und letztlich auch demokratischer Sprengstoff“, so Metzger.

Gemeinsam mit den Wissenschaftlern vom Pestel-Institut warnt der Baustoff-Fachhandel eine von Friedrich Merz geführte Bundesregierung davor, beim Wohnungsbau die politische „Weiter-so-Taste“ zu drücken: „Wenn sich die Wohnungsbau-Krise weiter zuspitzt, wird das auch im Kreis Mettmann einen erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen auf dem Bau bedeuten. Dabei geht es um die Jobs von Bauarbeitern, die dringend gebraucht werden – für den Neubau und für das Sanieren“, so Günther. Der Chef-Ökonom des Pestel-Instituts hat bei einer Sanierungsoffensive für mehr altengerechte Wohnungen vor allem auch die rund 44.000 Haushalte im Kreis Mettmann im Blick, wo Senioren in den eigenen vier Wänden wohnen: „Ob Eigenheim, Reihenhaus oder Eigentumswohnung – es ist wichtig, älteren Menschen für ihr Wohneigentum rechtzeitig einen Anreiz zu geben, ihr eigenes Zuhause seniorengerecht umzubauen. Dabei ist das Bad das A und O.“

Die Untersuchung nimmt auch das Mieter-Portemonnaie der Senioren ins Visier: So liegt die durchschnittliche Kaltmiete im Kreis Mettmann aktuell bei rund 7,20 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. 61 Prozent der Seniorenhaushalte, die zur Miete wohnen, leben sogar günstiger: Rund 21.200 Haushalte im Kreis, in denen Ältere ein zu Hause haben, zahlen nach Angaben des Pestel-Instituts derzeit weniger als die Durchschnittsmiete. „Noch jedenfalls“, sagt Ökonom Günther. Denn das werde sich deutlich ändern, wenn der Staat nicht bereit sei, den Neubau von Seniorenwohnungen und den altersgerechten Umbau von Wohnungen zu unterstützen. Dabei warnt der Wissenschaftler: „Eine Wohnung altersgerecht zu machen, kostet Geld und schraubt die Miete nach oben. Aber eine höhere Miete können sich viele Ältere nicht leisten. Und erst recht nicht die Kosten für eine seniorengerechte Sanierung ihrer Wohnung.“

Dabei sei es für die öffentlichen Kassen in der Regel sogar günstiger, altersgerechten Wohnraum zu schaffen: „Andernfalls sind Ältere nämlich gezwungen, ins Heim zu gehen. Und die Kosten für einen Heimplatz stehen auf Dauer in keinem Verhältnis zu dem, was der Staat investieren müsste, um eine altersgerechte Wohnung zu schaffen“, so der Pestel-Institutsleiter.