In Baumberg wird die Bau- zur Schaustelle
Auf der Hauptstraße in Baumberg wird monatelang gebuddelt. Zuschauer sitzen im Café von Bäcker Busch in der ersten Reihe.
Monheim. Baustellen-Tourismus? Horst Jahnke muss schmunzeln. „Wir sind ja bloß aus Urdenbach.“ Außerdem sind der 75-Jährige und seine Frau nicht wegen der Bagger hier, sondern weil es ihnen im Baumberger Café von Bäcker Busch so gut gefällt. „Wir kommen fast jeden Morgen her, mit dem 788er“, sagt Marion Jahnke (70). Dass auf der Hauptstraße gebuddelt wird und schweres Gerät rangiert, finden sie trotzdem nicht verkehrt: „Wenn man wie ich selber gerne in Haus und Garten werkelt, macht es einfach Spaß, den Profis zuzuschauen“, sagt der Pensionär.
Marion Jahnke, Rentnerin aus Urdenbach
Seit März wird die Durchgangs- und Ladenstraße von Alt-Baumberg aufgerissen. Inzwischen sind die bis zu viereinhalb Meter tiefen Baugruben, in der die Kanäle ausgetauscht wurden, an mehreren Stellen wieder verschlossen. Rostige Spundwände ragten auch vor der Bäckerei Busch aus der Grube, Rohre verschiedener Durchmesser stapelten sich. Hier und da eine Baggerschaufel und eine Rüttelmaschine.
Lärm, Staub und Absperrungen werden noch das ganze Jahr hindurch das Leben auf der Hauptstraße bestimmen — ehe laut Plan im Februar 2017 alles fertig sein wird: eine runderneuerte Straße mit gefälligem Pflaster, teils breiteren Bürgersteigen sowie modernen Bänken und Straßenlaternen. Rund zwei Millionen Euro lässt sich die Stadt Monheim die Erneuerung auf 600 Metern Länge zwischen Kreuzstraße und Kirchenkurve kosten (ohne Kanalbau).
An der Kreuzung Thomasstraße kreischte wochenlang regelmäßig eine Kreissäge, nebenan hämmerte ein Bagger mit einem beindicken Stahlmeißel die Asphaltdecke auf. Während man draußen kaum sein eigenes Wort verstand, war es im Café vergleichsweise ruhig. Die Vibrationen aber waren zu spüren. „Uns fällt zwar nicht gleich die Tasse vom Tisch, doch schön ist das nicht“, sagte eine Baumbergerin (60), die sich bei Busch regelmäßig mit ihrer Freundin (70) zu einem Kaffee trifft. Die fügte hinzu: „Allerdings wurde es auch Zeit, dass in Baumberg was geschieht. Auf das Ergebnis sind wir gespannt.“ Das ist auch Detlef Klix. Der Mann mit Schirmkappe hat vor dem Café Platz genommen, um bei einer Mandarinen-Quarkschnitte und einem Pott Kaffee Zeitung zu lesen. „Bisher war das ja eine eher triste Durchgangsstraße. Jetzt wird sie aufgepimpt, was hoffentlich zu einer Wiederbelebung auch in Form neuer Läden und Gastronomie führen wird“, sagt der 51-Jährige. Direkt gegenüber ist das Restaurant „Zum Schwan“ seit einiger Zeit verrammelt. Die Bauarbeiten interessieren Klix nur insofern, als dass er die Bauarbeiter malochen sieht. „Meiner Mutter, die hier gleich nebenan wohnt, geht der ständige Lärm verständlicherweise auf die Nerven. Ich sage dann manchmal: Die Männer vor deiner Tür machen nur ihre Arbeit, und die ist ganz schön hart.“ Acht Bauarbeiter gehören zur Stammbelegschaft, sagt Polier Karl-Heinz Krampitz von der Straßenbaufirma Raeder aus Mönchengladbach. Die häufigste Frage von Zuschauern? Der 60-Jährige braucht nicht lange zu überlegen: „Wie lange dauert das noch?“ Ansonsten seien vor allem Kinder neugierig. Fragen zur Bau- und Maschinentechnik würden dagegen kaum gestellt. Dabei gäbe es interessante Antworten. So ist allein der aus gehärtetem Stahl gefertigte Stemmhammer, mit dem der 172-PS-Bagger die Straße aufbrach, mehr als eine Tonne schwer. Manchmal fragt jemand nach einem Eimer Splitt oder einer Schüppe Zement. Krampitz ist da nicht kleinlich: „Besser sie fragen, als dass sie klauen“, sagt der Polier mit Mecklenburger Dialekt. Die Jahnkes aus Urdenbach haben auch schon gefragt. „Wenn man einen Schrebergarten hat wie wir, dann kann man immer etwas gebrauchen“, sagt Marion. Beim letzten Mal war es ein kleines Rohr fürs WC. „Ein Abfluss war kaputt. Das ist im Kleinen genauso wie im Großen.“