Werkstatt: Ara und Neumann&Büren Bürger wollen Industrie-Charme erhalten
Langenfeld · Um die „Jahrhundert-Chance“ für die Stadt Langenfeld auch wirklich gut zu nutzen, hatten jetzt Bürger die Gelegenheit, ihre Ideen für die Nutzung des Ara-Geländes und der alten Weberei Neumann & Büren zu skizzieren.
Rund 80 – überwiegend – Langenfelder warten im Ratssaal gespannt, was nun kommt. Vor sich auf den Tischen: gelbe, grüne, blaue und rosafarbene Karten mit einer Nummer darauf. Sie alle wollen ihre Anregungen und Ideen zur Gestaltung der beiden Grundstücke an der Hardt geben, die die Stadt Langenfeld (besser gesagt die Stadt-Entwicklungs-Gesellschaft SEG) Ende vergangenen Jahres gekauft hat. Dabei umfasst das Ara-Gelände 4,5 Hektar, das Grundstück von Neumann&Büren 2,5 Hektar. Beide Areale liegen an der Hardt und sollen deshalb gemeinsam entwickelt werden in einem städtebaulich-freiraumplanerischer Planungsprozess. Schließlich sei die Hardt das Einfallstor nach Langenfeld und soll eine ordentliche Visitenkarte abgeben. Der Planungsprozess sieht auch die Beteiligung der Bürger vor. Begleitet und gelenkt wird das aufwendige Planungserfahren vom Architekturbüro „scheuvens + wachten“ aus Dortmund. Vier Themenbereiche sollen in der Bürgerwerkstatt bearbeitet werden, in sechs Gruppen. Barbara Zwank-Mielke ist der Gruppe mit den gelben Karten zugeteilt. Dort geht es im ersten Schritt um die Umgebung der beiden Gewerbegebiete sowie ihre städtebauliche Verknüpfung. „Was heißt denn Umgebung?“, fragt Zwank-Mielke den moderierenden Tobias Rasch aus dem städtischen Planungsbereich. Sie hat ein Haus direkt gegenüber von Neumann&Büren geerbt und fürchtet nun, dass sie künftig gestalterische Maßnahmen vornehmen muss. Doch Rasch beruhigt. „Hier geht es darum, wie die Umgebung aus Sicht der Bürger auf die Gelände wirken kann und umgekehrt. Weitere Mitglieder der gelben Gruppe setzen andere Schwerpunkte: etwa die Anbindung an den Immigrather Platz, eine einfacherere Überquerungsmöglichkeit der Straße Hardt. Oder die Überbrückung der Bahnlinie. Einige wünschen sich eine bessere ÖPNV-Verbindung und auch einen Kreisverkehr an der Hardt.
Die vier Themenschwerpunkte hat das Architekturbüro vorgegeben. Neben Umgebung und Verknüpfung haben sich die Bürger mit den künftigen Nutzungsmöglichkeiten und den Baustrukturen auseinandergesetzt; ebenso mit Freiraum, Klima, Wasser sowie mit Mobilität und Verknüpfung. Jeweils 15 Minuten hatten die Gruppen, um Luftbilder, Grafiken und die Fragen anzuschauen und ihre Zettel an die Wand zu pinnen. Ein lebendiges, gut gelenktes Durcheinander mit vielen Gesprächen am Rande – etwa mit Professor Kunibert Wachten und Thomas Küppers, die beide über die Einhaltung der Zeiten wachten.
Am Ende dann die Zusammenfassung. Für das Gelände der alten Weberei wünschen sich viele den Erhalt der alten Strukturen, können sich dort aber auch Platz für Trendsportarten, Kunst, Kultur und Gastronomie vorstellen. Auch Gewerbe, etwa in Form von Co-Working-Spaces ist eine Option.
Darüber hinaus könnte man dort moderne und alternative Wohnformen planen. Auch ein Ort für Kinder und Jugendliche, die in der Stadt wenig Raum haben, könnte dort untergebracht werden. Auf jeden Fall sollte der Industriecharme gewahrt werden.
Das Ara-Gelände sollte seine Außenbebauung behalten. Auch dort könnte moderner, gemischter und bezahlbarer Wohnraum entstehen. Eine Kita sollte eingeplant werden ebeno wie ein Café. Die Lärmfrage an der viel befahren Straße müsste geklärt werden.
In Sachen Klima haben die Bürger den Wunsch nach Luftschneisen, den Erhalt von Bäumen, Dachbegrünung sowie einem Kraftwerk an die Themeninsel gepinnt. Auch ein Speicher für Energie oder ein zentrales Solarsystem solle mitgedacht werden. Das Schwammstadtprinzip halten Bürger ebenfalls für einen sinnvollen Planungsansatz. Die oft geforderten Trinkwasserbrunnen für die Stadt haben auch Eingang in die Themensammlung gefunden.
Freiräume in der Stadt haben viele Bürger als „kostbares Gut“ bezeichnet. Quartiersgaragen, klimaneutrale Baustoffe, neue und bessere Fuß- und Radwege in den Vierteln stehen auf den Zetteln. Um das Thema Treffpunkte zu stärken, regten Bürger an, auch die benachbarten Kirchengemeinden in die Planung einzubeziehen. Klar sei auch, dass die Straße Hardt nicht weiter belastet werden dürfe, weil sie am „Limit“ sei.
All diese Ideen wird das Planungsbüro „scheuvens und wachten“ nun sichten, sortieren und in einen Entwurf für den Auslobungstext gießen, der dann an fünf Büros verschickt werden soll, darunter, so sagt Wachten, auch Büros aus Kopenhagen und der Schweiz. Die Stadt-Entwicklungs-Gesellschaft wird diese dann beauftragen, Entwürfe zu präsentieren. Eine Fachjury, zu der auch die Fraktionen je eine Vertreter schicken, wird dann voraussichtlich im März 2024 eine Empfehlung abgeben, die anschließend vom Rat beschlossen werden muss.
„Wir investieren viel Zeit und viel Geld in das Projekt“, sagt Thomas Küppers. Das soll am Ende die Qualität der Entwicklung garantieren. 2024 soll die Bauleitplanung stehen. Dann könne der Rückbau beginnen, „behutsam“, verspricht Küppers. Bis Januar 2025 soll der Bebauungsplan rechtskräftig sein. Danach wolle man in die Vermarktung gehen. „Ein sportliches Programm“, weiß Küppers. Um die Umsetzung zu garantieren, wird die SEG zwei Mitarbeiter einstellen.