Langenfeld: Mit Tritt, Charme und Gebiss
Eine Gruppe Radfahrer, die meisten über 70 Jahre alt, trifft sich regelmäßig zu – manchmal ungewollt – ausgedehnten Touren.
Langenfeld. Gerade hatte die Gruppe die erste von sechs Etappen der Katalonien-Rundfahrt geschafft. Gemütlich ließen die Freizeitradfahrer den Tag ausklingen und fuhren auf einer idyllischen Straße am Meer entlang. Ein Teil der Straße stand unter Wasser.
Die Sportler fuhren hindurch und setzten ihren Weg fort. Doch einer blieb zurück. Einige drehten sich um. "Was ist los?", riefen sie. Kurzes Schweigen. Dann schallte es zurück: "Ich habe mein Gebiss verloren." Solche Episoden sind nichts Ungewöhnliches in dieser Radtruppe.
Die meisten der Fahrer sind mehr als 70 Jahre alt. Trotzdem treffen sie sich jeden Mittwoch zum gemeinsamen Radfahren. Angefangen hat das alles vor rund 50Jahren bei "Schwalbe Solingen". In diesem Verein fuhr ein Großteil der heutigen Gruppe.
Als sie alle aus dem Rennalter heraus waren, vereinbarten sie wöchentliche Trainingstreffs. So treffen sich jeden Mittwoch bis zu 24 Mann in Monheim und fahren ihre gewohnten 100 Kilometer. Manchmal auch gezwungenermaßen mehr - wenn die Radler den Weg nicht wissen und sich plötzlich in Holland wiederfinden.
"Wir brauchen einfach den Radsport, das ist unser Leben", erklärt Günter Boldt. "Wir wollen einfach nicht aus der Form kommen und uns fit halten. Außerdem haben wir dabei sehr viel Spaß", fügt der 75-Jährige hinzu. Viel zu erzählen haben sie auch. Neben der Katalonien-Rundfahrt können sie auf die Weltmeisterschaft der Senioren in Sankt Johann, Tirol, zurückblicken. 1994 waren sie bei der Österreich-Rundfahrt sogar mit dem spanischen Team unterwegs.
Kurzzeitigen Ruhm erlangten zwei Fahrer bei einer Deutschlandtour der Radprofis. Bei Dormagen hielten sie sich bereit. Kurz bevor die ersten Rennfahrer ankamen, schwangen sie sich aufs Rad und fuhren vor den eigentlichen Radfahrern in Düsseldorf als erste ins Ziel und wurden für ihren Sieg umjubelt.
Bis auffiel, dass sie gar nicht zum Rennen gehörten. Einer der Witzbolde war Wilhelm Wirtz. Er selbst ist schon viele Rennen gefahren und ist immer begeistert dabei. "Es ist besonders toll, dass wir alle uns schon so lange kennen und viel miteinander lachen können", sagt der 75-Jährige.
Für seine langen Rennstrecken ist in der Gruppe besonders Manfred Bartelt bekannt. Er ist bereits quer durch Europa gefahren. Unter anderem von Berlin aus nach Moskau und Athen. Auf seinen Fahrten hat er viel gesehen und wurde immer herzlich empfangen. "Ich habe oft Grußbotschaften von Ministern aus Berlin überbracht und zum Beispiel in Athen wurde ich deswegen vom Bürgermeister empfangen", verrät der 71-Jährige. Seine weiteste Strecke war rund 3000 Kilometer lang.
Kurt Schumacher liegt das Radfahren im Blut. "Mein Vater ist schon Rad gefahren, und damit hat er mich angesteckt", sagt der 77- Jährige. Zwar macht sich in der Truppe langsam das Alter bemerkbar, aber das macht niemandem etwas aus. "Wir hören halt nicht mehr so gut. Manchmal kommt es vor, dass einer sagt, wir sollen links abbiegen, und alle fahren nach rechts", so Schumacher.