Lesepaten hören Schülern zu

Seit zwei Jahren geben Seniorinnen leseschwachen Jugendlichen ehrenamtlich Nachhilfe.

Monheim. Wenn Irmgard Gnägy über die Lesequalitäten der heimischen Schüler spricht, dann weiß sie genau, wovon sie redet. Mehr als 30 Jahre lang war die Monheimerin Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Politik. Auch nach ihrer beruflichen Laufbahn hat sie noch nicht genug vom Fördern und Helfen, von Unterricht und Schülern.

Und weil Gnägy festgestellt hat, dass das Leseniveau der heutigen Schülergeneration immer niedriger wird, und die Schulen diese grundlegenden Schwächen nicht mehr durch den gewöhnlichen Unterricht beheben können, kam sie auf die Idee, die ehrenamtlichen Lesepaten ins Leben zu rufen.

Seit 2009 kommen vier Rentnerinnen nun ein Mal pro Woche in die Lise-Meitner-Realschule und geben leseschwachen Schülern am Nachmittag Extraunterricht. Zwischen 80 und 90 Schüler der Klassen 5 bis 10 sind bislang nach dem Schulunterricht gesondert gefördert worden.

Das gefällt beiden: „Die Damen sind sehr nett. Es geht viel lockerer zu als im Unterricht“, sagt beispielsweise Abdo, der von Ursula Kiep-Müller geschult wird. Auch für Kiep-Müller sind die Nachhilfestunden eine willkommene Abwechselung zum Rentner-Alltag: „Als das Konzept im Seniorenbeirat vorgestellt wurde, habe ich mich gleich gemeldet. Ich wollte den Schülern helfen und mir selbst beweisen, dass ich so etwas kann.“

Auch die anderen drei Lesepaten — Ruth Gauza, Lore Wergen und Karin Pokuta — sind durch den Seniorenbeirat zu ihrem Engagement gekommen. Vermittelt wurden sie von Liesel Baur. Baur ist Mitglied im Seniorenbeirat und Leiterin der dortigen Arbeitsgruppe Lesepaten.

Diese Paten lasen früher nur Kindergärten vor. Doch nun, an der Lise-Meitner-Realschule, haben sich die Vorzeichen geändert. Jetzt lesen die Kinder vor, die Lesepaten hören zu, bewerten und versuchen, Schwächen ausfindig zu machen und diese im besten Fall abzustellen.

Die Schwierigkeit der Texte ist in drei Niveaus eingeteilt. Von leichten mit maximal 200 Wörtern, über mittelschwere bis hin zu komplexen Texten mit Fremdwörtern, ist alles dabei.

Meist arbeiten die Lesepaten aber an den Grundlagen, so schlimm ist es um manche Schüler gestellt. Dass die heutige Generation Schüler immer schwächer wird, was das Verständnis von Texten angeht, ist für Ex-Lehrerin Irmgard Gnägy keine Überraschung. Zwar würden die meisten Kinder durch Internet, Emails und Textnachrichten auf ihren Handys nicht weniger lesen als Kinder oder Jugendliche früherer Generationen. „Sie lesen aber kaum noch längere, zusammenhängende Texte in Büchern oder Zeitungen, sondern eine verkrüppelte SMS-Sprache. Viele sind nicht in der Lage, Zusammenhänge zu verstehen.“

Das hat auch Norbert Erven, Leiter der Lise-Meitner-Realschule, erkannt. Dementsprechend freut er sich über das Engagement des Seniorenbeirats und dessen Mitgliedern: „Wir können diese spezielle Art der Leseförderung in Kleingruppen im Unterricht nicht anbieten“, sagt er und fügt an: „Die Schüler profitieren von jeder Stunde und freuen sich über die individuelle Förderung.“