Mit dem ZWAR-Netzwerk selbstbestimmt leben
Menschen ab 55 Jahren sollen sich besser vernetzen.
Monheim. Der Vorsitzende des Baumberger Allgemeinen Bürgervereins (BAB), Helmut Heymann, hat wiederholt an den Bürgermeister appelliert, in der Hauptstadt für Kinder „die Älteren nicht zu vergessen“. Jetzt soll in Baumberg das erste Monheimer „ZWAR-Netzwerk“ eingerichtet werden, eine landesweite Initiative für eine nachbarschaftliche Selbstvernetzung von Menschen ab 55. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, was man miteinander unternehmen möchte — also auf Freizeitgestaltung. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe und die Mitgestaltung des Wohnumfelds, wie Ute Schünemann-Flake von der ZWAR-Zentralstelle NRW jetzt im Ratsausschuss für Generationen und Soziales erläuterte. Die Stadt möchte dabei in Baumberg auf Strukturen aufbauen, die neben dem BAB auch das Gertrud-Borkott-Haus geschaffen hat. Die Senioreneinrichtung leistet bereits Netzwerkarbeit — mit dem Projekt „Baumberg liest vor“.
ZWAR richtet sich an die Altersklasse der 55- bis 65 Jährigen. Diejenigen, die mit dem Ruhestand die Erfahrung machen, dass die berufsbedingten sozialen Kontakte wegfallen. Außerdem leben in Baumberg inzwischen viele „Zugereiste“, die zum Arbeiten auspendeln und keinem Verein angehören. „ZWAR bietet die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, um möglicherweise eine lebenslange Solidargemeinschaft zu bilden“, erklärt Ute Schünemann-Flake. ZWAR-Netzwerke seien aber keine Vereine, es gebe keine Mitgliedschaft, keine Hierarchien oder vorgegebene Themen. „Es geht um Selbstorganisation und Selbstbestimmung.“ Positive Begleiteffekte können sein, dass dadurch die Nachbarschaft widerbelebt wird und durch gegenseitige Unterstützung in schwierigen Lebenslagen ein längerer Verbleib in der eigenen Wohnung möglich wird.
Die Vorgehensweise: Die Stadt schließt mit der ZWAR-Stelle einen Kooperationsvertrag. Zwei städtische Mitarbeiter, darunter Hans-Peter Anstatt, werden zu Netzwerkbegleitern qualifiziert. Alle Menschen, Verbände und Institutionen, die mit Seniorenarbeit zu tun haben, werden zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Alle Menschen von 55 bis 65 werden eigens angeschrieben und zu der Netzwerkgründung eingeladen. Als Starthilfe werden im 14-täglichen Rhythmus Treffen aller Interessenten in „Basisgruppen“ organisiert, die von einer Mitarbeiterin der ZWAR-Stelle bis zu einem Jahr lang begleitet werden.
Stephan Emmler (Grüne), der die Idee per se begrüßte, fragte, ob gerade Baumberg mit seinem regen Vereinleben und gelebten Miteinander ein solches künstlich geschaffenes Netzwerk benötige. Werner Bischoff (Awo) wiederum verwies darauf, dass gerade gesunde Strukturen die Chance vergrößerten, dass das neue Netzwerk funktioniert. Er bat aber darum, dass dort kein „closed shop“ entstehen dürfe, von dem andere Monheimer ausgeschlossen seien. Margret Jenniches (katholische Kirchengemeinde) bezweifelt, dass auf diese Weise mehr Menschen fürs Ehrenamt gewonnen werden könnten.